Vaskuläre Demenz – Symptome, Risikofaktoren und Behandlung

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Charlotte Weidenbach

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Die vaskuläre Demenz ist ein Überbegriff für alle Formen von Demenz, die aufgrund von Gefäßveränderungen im Gehirn entstehen. Die vaskuläre Demenz ist nach der Alzheimer-Krankheit die zweithäufigste Ursache für Demenz. Etwa zehn bis zwanzig Prozent aller Demenz-Patienten und Patientinnen haben eine rein vaskuläre Form, weitere zwanzig Prozent leiden unter einer Mischform aus Alzheimer-Demenz und vaskulärer Demenz. 

Je nach Ort der betroffenen Gefäße entstehen verschiedene vaskuläre Demenz Symptome. Die wichtigsten Formen der vaskulären Demenz sind die subkortikale vaskuläre Demenz und die Multiinfarktdemenz. Bei der Entstehung vaskulärer Demenzen spielen insbesondere Bluthochdruck und andere kardiovaskuläre Risikofaktoren eine wichtige Rolle. Der Verlauf des Gedächtnisverlustes sowie weiterer Symptome erfolgt oft stufenweise und individuell sehr unterschiedlich. 

Erfahren Sie in diesem Artikel, welche Symptome eine vaskuläre Demenz verursachen kann und welche Therapiemöglichkeiten es gibt. Wir erklären Ihnen außerdem, wie Sie der Entstehung einer vaskulären Demenz vorbeugen können.

Inhalt

Vaskuläre Demenz – Definition

Die vaskuläre Demenz ist ein Überbegriff für verschiedene Formen von Demenz, die alle aufgrund von Gefäßveränderungen im Gehirn entstehen. Manchmal wird auch von vaskulärer Enzephalopathie gesprochen. Die beiden wichtigsten Formen sind die subkortikale vaskuläre Demenz und die Multiinfarktdemenz. 

Subkortikalen vaskulären Demenz

Diese Form wird auch subkortikale arteriosklerotische Enzephalopathie genannt, wo es aufgrund von Blutgerinnseln (Thromboembolien) in den kleinsten Blutgefäßen des Gehirns zu Verschlüssen (Infarkten) kommt. Diese sind meist so klein, dass ein einzelnes Ereignis nicht bemerkt wird. Erst, wenn viele solche Infarkte stattgefunden haben und nach und nach mehr Hirnareale nicht mehr ausreichend durchblutet werden, zeigen sich Symptome einer subkortikalen vaskulären Demenz.

Multiinfarktdemenz

Dieser Demenzform liegen, wie der Name schon sagt, multiple Hirninfarkte (Schlaganfälle) zugrunde. Auch für diese Demenzform sind also Thromboembolien im Gehirn ursächlich. Allerdings sind bei der Multiinfarktdemenz größere Gefäße betroffen als bei der subkortikalen vaskulärem Demenz und die Demenz-Symptome können bereits nach dem ersten Ereignis beginnen. 

Weitere, seltenere Formen sind die vaskuläre Demenz bei strategischen Infarkten. Dabei treten kleine Hirninfarkte genau in den Gebieten auf, die für Merkfähigkeit und Orientierung besonders wichtig sind. Die hämorrhagische Demenz bezeichnet eine Demenzform, die nach größeren oder kleineren Hirnblutungen auftritt.

Die Risikofaktoren der vaskulären Demenz 

Die Risikofaktoren von vaskulären Erkrankungen entsprechen den Risikofaktoren für einen Schlaganfall, da die vaskuläre Demenz eine Folge kleinerer oder größerer Schlaganfälle ist. 

Insbesondere für die subkortikale vaskuläre Demenz ist ein über lange Jahre bestehender, schlecht eingestellter Bluthochdruck der wichtigste Risikofaktor. Aber auch für alle anderen Formen von vaskulärer Demenz ist die arterielle Hypertonie ein entscheidender vermeidbarer Risikofaktor. 

Weitere Ursachen von vaskulärer Demenz sind Vorhofflimmern, Diabetes Typ II und Adipositas. Männer und Menschen ab dem 60. Lebensjahr sowie Menschen mit nahen Verwandten mit Schlaganfall oder anderen Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben ein höheres Risiko für Arteriosklerose und damit indirekt für die Entwicklung einer vaskulären Demenz. Insbesondere Arteriosklerose in der Halsschlagader ist eine wichtige Ursache für die Entwicklung einer vaskulären Demenz. Weitere wichtige Risikofaktoren sind Alkohol– und Nikotinabhängigkeit sowie hohe Blutfettwerte, Bewegungsmangel und Stress

Eine seltenere Ursache, die aber ausgeschlossen werden muss, ist die genetisch bedingte CADASIL-Erkrankung der kleinen Gefäße, die zu vaskulärer Demenz führt. .

Die Symptome einer vaskulären Demenz

Die Verlauf von vaskulärer Demenz ist abhängig vom betroffenen Gehirnareal sehr unterschiedlich. Der Krankheitsverlauf ist oft nicht kontinuierlich fortschreitend, sondern kann auch über lange Zeit gleichbleibend sein, wenn keine neuen Infarkte hinzukommen. Sogar eine Verbesserung der Symptome ist möglich, wenn sich die betroffenen Hirnareale regenerieren und neu vernetzen. 
Geistige Beeinträchtigung

Die vaskuläre Demenz kann auch ohne die Demenz-typischen Gedächtnisstörungen, die vor allem das Kurzzeitgedächtnis betreffen, auftreten. Trotzdem sind Gedächtnisstörungen ein wichtiges Symptom von vaskulärer Demenz. Patient:innen mit vaskulärer Demenz sind oft insgesamt verlangsamt und werden schnell müde, auch die Aufmerksamkeitsspanne lässt nach. 

Wenn die Sprachzentren von den Infarkten betroffen sind, kann es auch zu Störungen des Sprachverständnisses und der Sprachproduktion kommen. Ebenso entwickeln viele Patient:innen eine Persönlichkeitsveränderung, beginnen plötzlich und ohne Zusammenhang zu lachen oder zu weinen oder haben andere Formen von unerklärlichen Stimmungsschwankungen. Nicht selten entstehen im Verlauf auch depressive Episoden, die den Umgang mit der Demenz für Betroffene und Angehörige erschweren.

Körperliche Beeinträchtigung

Körperliche Symptome von vaskulärer Demenz sind Harninkontinenz, Schluck- und Gehstörungen, Parkinsonähnliche Symptome und durch den Schlaganfall bedingte Lähmungen oder Sensibilitätsstörungen

Im Endstadium der vaskulären Demenz sind Betroffene meist bettlägerig und verweigern die Nahrungsaufnahme. Oft kommt es im Endstadium zu Infektionen, vor allem Lungenentzündungen, die aufgrund des geschwächten Immunsystems bei Untergewicht und Mangelernährung zum Tod führen. 

Vaskuläre Demenz – Diagnosestellung

Zunächst muss für die Diagnosestellung der vaskulären Demenz ein demenzielles Syndrom vorliegen, das mit verschiedenen Demenz-Tests festgestellt wird. Im Gegensatz zur Alzheimer-Krankheit ist der Mini Mental Status Test (MMST) jedoch bei vaskulären Demenzen oft nicht auffällig, weshalb Ärzt:innen beim Verdacht auf vaskuläre Demenz bevorzugt den Montreal Cognitive Assessment Test (MoCA) einsetzen. 

Wenn der oder die Betroffene zusätzlich ausgeprägte kardiovaskuläre Risikofaktoren hat, erhärtet sich der Verdacht auf eine vaskuläre Demenz. Insbesondere, wenn der oder die Betroffene schon einen oder mehrere Schlaganfälle hatte und später Demenz-Symptome entwickeln, ist die Diagnose einer vaskulären Demenz wahrscheinlich. Zur Diagnosestellung gehört außerdem eine gründliche körperliche Untersuchung und Blutdruckmessung. Weiterhin erfolgt eine Bildgebung des Gehirns mittels Magnetresonanztomographie (MRT) oder Computertomographie (CT), die bei der vaskulären Demenz bestimmte Auffälligkeiten zeigt. 

Der Unterschied zwischen vaskulärer Demenz und anderen Demenz-Formen

Es gibt verschiedene Formen von Demenz, die alle unterschiedliche Ursachen und Symptome haben. Die Abgrenzung der unterschiedlichen Demenzen ist für die Therapie und auch für die Prävention von entscheidender Bedeutung. 

Der behandelnde Arzt oder die behandelnde Ärztin hat nach einer Anamnese und der körperlichen Untersuchung meist den Verdacht auf eine bestimmte Demenzform. Die Alzheimer-Demenz als häufigste Demenzerkrankung kann von der vaskulären Demenz mit dem Nachweis bestimmter Proteine im Gehirnwasser (Liquor) abgegrenzt werden. Wenn diese Proteine erhöht sind, aber auch Risikofaktoren für eine vaskuläre Demenz vorhanden sind, ist eine kombinierte vaskuläre und Alzheimer-Demenz wahrscheinlich. 

Die Abgrenzung zu einer frontotemporalen Demenz kann in der Regel anhand der Symptome getroffen werden. Personen mit frontotemporaler Demenz fallen weniger durch Gedächtnisstörungen als durch Auffälligkeiten im Verhalten auf. 

Die Lewy-Körper-Demenz als Erkrankung aus dem Parkinson-Kreis fällt einem geübten ärztlichen Blick insbesondere durch die Parkinson-ähnliche Symptomatik auf. 

Für die sichere Abgrenzung zu weiteren Demenzformen ist für den Behandler oder die Behandlerin insbesondere eine genaue Kenntnis der Vorgeschichte und der Entwicklung des demenziellen Syndroms wichtig. 

Wenn Sie eine:n Angehörige:n pflegen, der oder die ein hohes Risiko für die Entwicklung einer vaskulären Demenz hat oder allgemeine Gedächtnis- oder Verhaltensauffälligkeiten zeigt, können Sie zunächst Ihren Hausarzt oder Ihre Hausärztin um Rat fragen. Diese:r kann die ersten Schritte der Diagnostik selbst machen oder Sie an einen Spezialisten oder eine Spezialistin überweisen. 

Vaskuläre Demenz – Therapie

Das Therapieziel bei vaskulärer Demenz ist die Vermeidung von weiteren kleinen oder großen Hirninfarkten. Die Therapie der vaskulären Demenz besteht deshalb insbesondere in einer guten medikamentösen Einstellung des Blutdrucks, der Blutfettwerte und des Blutzuckers

Außerdem bekommen viele Patient:innen blutverdünnende Medikamente, die unbedingt regelmäßig und nach Anweisung des Arztes oder der Ärztin eingenommen werden müssen. Die Blutverdünnung reduziert das Risiko für Schlaganfälle und somit für das Fortschreiten der vaskulären Demenz deutlich. 

Psychosoziale Maßnahmen als geeigneten Therapieansatz

In erster Linie werden die zugrunde liegenden Erkrankungen wie ein erhöhter Bluthochdruck behandelt. Um die dementiellen Symptome selbst zu lindern, werden weniger Medikamente als eher psychosoziale Maßnahmen angewandt. Dazu gehören Maßnahmen für den Patienten oder die Patientin selbst, wie beispielsweise spielerisches Gehirntraining, das Üben von alltäglichen Fähigkeiten und die Reaktivierung von positiven Erinnerungen. Auch Angehörige werden in die Therapie mit einbezogen und lernen neben der richtigen Pflege bei Demenz auch den Umgang mit der Demenzerkrankung. Für Sie als pflegende:r Angehörige:r ist es wichtig, dass Sie neben dem Patientenwohl Ihr eigenes Wohl nicht aus den Augen verlieren und auf sich selbst achten. 

Weitere Symptome der vaskulären Demenz wie Harninkontinenz, Depressionen oder vorübergehende delirante Symptomatik werden in die Therapie einbezogen und je nach Ausprägung unter anderem medikamentös behandelt. 

Die Lebenserwartung bei vaskulärer Demenz ist sehr variabel, je nachdem, welche Grunderkrankungen vorliegen und wie gut diese eingestellt sind. Dennoch zeigt das Bestehen einer vaskulären Demenz an, dass der Patient oder die Patientin sich in einem weit fortgeschrittenen Stadium von lange bestehenden kardiovaskulären Vorerkrankungen befindet. Im Mittel wird die Lebenserwartung von Patienten und Patientinnen mit vaskulärer Demenz mit ungefähr vier Jahren angegeben. 

Der Entstehung einer vaskulären Demenz vorbeugen

Die Vorbeugung von vaskulärer Demenz besteht in einem gesunden Lebensstil. So kann die Entstehung von Bluthochdruck, Diabetes Typ II und Arteriosklerose verlangsamt oder verhindert werden, wodurch Schlaganfällen und vaskulärer Demenz vorgebeugt wird.

Die wichtigsten Maßnahmen, die die Entstehung von vaskulärer Demenz verhindern können, sind: 
  • Gesunde, ausgewogene (mediterrane) Ernährung
  • Regelmäßige Bewegung (mindestens 150 Minuten pro Woche) 
  • Nicht rauchen – auch bei langjährigen Rauchern und Raucherinnen ist der Nikotinverzicht hilfreich für das Aufhalten der Erkrankung
  • Alkoholkonsum gegebenenfalls reduzieren
  • Gewichtskontrolle

Auch wenn Sie oder ein:e Angehörige:r schon Grunderkrankungen haben, sind diese Maßnahmen von Bedeutung. Sie beugen nicht nur der Entstehung von Risikofaktoren für die vaskuläre Demenz vor, sondern können auch deren Fortschreiten verlangsamen. Es gibt viele Seminare und Unterstützungsprogramme für eine Lebensstiländerung. Sie sollten bei der Auswahl darauf achten, dass diese Seminare zertifiziert sind und von Fachpersonal geleitet werden. Im Zweifel fragen Sie jederzeit Ihren Hausarzt oder Ihre Hausärztin, der bzw. die Sie bei der Auswahl des richtigen Programms beraten kann. 

Quellen:

Amboss: Vaskuläre Demenz

Amboss: Vaskuläre Demenzen

Karl Masuhr, Marianne Neumann: Duale Reihe Neurologie, 6. Auflage, Thieme Verlag. 

Wissen in der Box: Vaskuläre Demenz

Die vaskuläre Demenz ist ein Überbegriff für Demenzformen, die aufgrund von Gefäßveränderungen im Gehirn entstehen. Sie wird unterteilt in die subkortikale vaskuläre Demenz und Multiinfarktdemenz.

Risikofaktoren sind u.a. dauerhafter Bluthochdruck, Diabetes Typ 2 und Adipositas. Vor allem Männer, Personen über 60 Jahren oder Personen mit nahen Verwandten mit Schlaganfall sind oft gefährdet.

Betroffene Personen sind oft schnell müde, verlangsamt und ihre Aufmerksamkeitsspanne lässt nach. Die Symptome sind oft nicht kontinuierlich fortschreitend und abhängig vom betroffenen Gehirnareal.

Mithilfe des MoCA-Tests wird die vaskuläre Demenz diagnostiziert. Auch Anzeichen wie kardiovaskuläre Risikofaktoren, Schlaganfälle und körperliche Untersuchungen helfen zur Diagnose.

Sowohl durch die unterschiedlichen Symptomatiken als auch durch den Nachweis bestimmter Proteine im Gehirnwasser kann die vaskuläre Demenz von anderen Formen abgegrenzt werden.

Die richtige Einstellung von Blutdruck, Blutfettwerten und Blutzucker sind Hauptbestandteil der Therapie. Auch psychosoziale Maßnahmen werden in der Therapie angewandt.

Vaskuläre Demenz kann durch einen gesunden Lebensstil mit viel Bewegung, gesunder Ernährung, Gewichtskontrolle und dem Reduzieren von Nikotin- und Alkoholkonsum vorgebeugt werden.