Expertenstandard

Expertenstandard – Qualitätssicherung in der Pflege

Elisabeth Vatareck
Elisabeth Vatareck

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Wenn wir pflegebedürftige Angehörige in die Obhut einer Pflegeeinrichtung oder eines ambulanten Pflegedienstes geben, möchten wir uns auf eine exzellente Pflege verlassen können. Die Qualität der Pflege soll den höchsten Standards, also einem Expertenstandard, entsprechen, die den Bedürfnissen der pflegebedürftigen Personen gerecht werden. 

Um eine möglichst hohe und vergleichbare Pflegequalität zu erreichen, gibt es die Expertenstandards Pflege, umgangssprachlich auch Pflegestandards genannt. Sie wurden vom Gesetzgeber eingeführt und gelten verbindlich für alle Pflegeheime und Pflegedienste. Aktuell gibt es acht verschiedene Pflegestandards aus den verschiedenen Themenbereichen der Pflege. Darin werden Ziele und Maßnahmen aus aktueller Pflegewissenschaft und Pflegepraxis definiert. 

Im folgenden Artikel erfahren Sie mehr über den Hintergrund und die Ausgestaltung von Expertenstandards und wo Sie diese einsehen können.

Inhalt

Definition – Expertenstandard Pflege

Die Expertenstandard Definition beschreibt den Expertenstandard Pflege als professionell abgestimmtes Leistungsniveau, das den Bedürfnissen der Pflegebedürftigen entspricht. Durch den einheitlichen Expertenstandard wird die Pflegeleistung standardisiert und somit transparent.

Die Expertenstandards sind entscheidend für die Weiterentwicklung und Sicherung der Pflegequalität. Sowohl wissenschaftliche Erkenntnisse als auch praktische Erfahrungen aus dem Pflegealltag fließen in den Expertenstandard mit ein. Sie helfen damit, den Pflegealltag zu strukturieren und eine vergleichbare Qualität in der Pflege zu ermöglichen. Es bleibt dennoch wichtig, dass jede Pflegekraft die Pflegehandlungen auf die individuellen Bedürfnisse jeder einzelnen pflegebedürftigen Person anpasst.

Nicht nur in Pflegeeinrichtungen sind diese Standards wichtig. Auch gilt jeder Expertenstandard ebenso im Bereich der ambulanten Pflege, um auch dort die Qualitätssicherung zu gewährleisten.

Übersicht über die verschiedenen Expertenstandards

Die verschiedenen Pflegestandards der Altenpflege befassen sich mit den zentralen Pflegethemen. Aktuell werden jedoch nicht alle Pflegethemen in einem eigenen Expertenstandard bearbeitet.

Ein Expertenstandard Stomaversorgung ist noch nicht veröffentlicht. Die Entwicklung von Expertenstandards zu den Themen Erhaltung und Förderung der Mundgesundheit in der Pflege sowie der Hautpflege sind im Moment geplant.

Aktuell gibt es neun veröffentlichte Expertenstandards (Stand 2021):

  1. Dekubitusprophylaxe in der Pflege
  2. Entlassmanagement in der Pflege
  3. Schmerzmanagement in der Pflege bei akuten Schmerzen
  4. Schmerzmanagement in der Pflege bei chronischen Schmerzen
  5. Sturzprophylaxe in der Pflege
  6. Förderung der Harnkontinenz in der Pflege
  7. Pflege von Menschen mit chronischen Wunden
  8. Ernährungsmanagement zur Sicherung und Förderung der oralen Ernährung in der Pflege
  9. Beziehungsgestaltung in der Pflege von Menschen mit Demenz

Die Festlegung von Expertenstandards

In Deutschland basiert die Entwicklung der Standards in der Pflege auf Paragraph 113a des Elften Sozialgesetzbuchs (§113a SGB XI). Demnach wird das Deutsche Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP) mit der Erstellung der Pflegestandards beauftragt. Eine Expertengruppe aus acht bis zwölf Personen erarbeitet dann zunächst einen Entwurf für das jeweilige Pflegethema. Darin werden die zentralen Aspekte der Pflegehandlungen berücksichtigt. Es werden klare Ziele und Maßnahmen formuliert und Kriterien zur Erfolgsbewertung vorgegeben.

Anschließend wird dieser Entwurf der Öffentlichkeit präsentiert. Nach einer praktischen Erprobung und sorgfältigen Prüfung wird der Entwurf finalisiert und im Bundesanzeiger veröffentlicht. Damit ist die Arbeit der Expertengruppe jedoch nicht beendet. Jedes Jahr überprüfen die Experten der DNQP, ob der Expertenstandard aufgrund neuer Erkenntnisse aktualisiert werden muss. Nach spätestens fünf Jahren muss der Expertenstandard in jedem Fall sorgfältig überprüft und gegebenenfalls überarbeitet werden.

Spielräume innerhalb von Expertenstandards

In den Expertenstandards wird nicht etwa detailliert beschrieben, wie genau ein Patient oder eine Patientin beispielsweise am Waschbecken gepflegt werden soll. Stattdessen wird darin die Zielsetzung von komplexen Pflegeaufgaben gegeben und dafür ein gewisser Handlungsrahmen geschaffen. Geht es beispielsweise um die Entstehung eines Dekubitus, werden darin Maßnahmen der Prophylaxe beschrieben.

Das heißt, für die konkrete Umsetzung der Ziele wird ein gewisser Spielraum gelassen. Im pflegerischen Alltag bedeutet das für das Personal eine Leitlinie zu haben, um die Qualität kontinuierlich weiterzuentwickeln. Dabei steht das Wohl der gepflegten Personen immer im Mittelpunkt. Pflegerische Maßnahmen, die der Expertenstandard vorsieht, sollten keinem Patienten und keiner Patientin aufgezwungen werden, wenn sie nicht gewünscht sind.

Generell ist es aber wichtig, den Pflegestandard so weit wie möglich umzusetzen. Nur so kann eine maximale und vergleichbare Qualität der Pflege in jeder Pflegeeinrichtung und bei jedem Pflegedienst erreicht werden.

Beispiele für Expertenstandards

Der Inhalt der Expertenstandards ist nicht vollständig frei im Netz verfügbar. Expertenstandards Beispiele sind jedoch auf der Website des DNQP einsehbar. Wenn Sie Interesse daran haben, einen kompletten Expertenstandard einzusehen, gibt es eine Möglichkeit zur Bestellung auf der Webseite des DNQP. Dort können Sie alle verfügbaren Expertenstandrads für 17 bis 30 Euro pro Exemplar online bestellen.

Um Ihnen eine Übersicht über die Inhalte von Expertenstandards zu ermöglichen, haben wir hier die zentralen Aspekte ausgewählter Standards zusammengefasst:

  1. Dekubitusprophylaxe in der Pflege
    • Ziel des Expertenstandards ist die Vermittlung der wichtigsten Maßnahmen, um einen Dekubitus zu verhindern.
    • Das regelmäßige Umlagern und Fördern der Eigenmobilität der Patientinnen und Patienten steht im Fokus.
    • Die Verantwortung der Einrichtungen, die Dekubitusentstehung durch geeignete Verfahren zu verhindern, wird klar betont.
  2. Entlassungsmanagement in der Pflege
    • Ziel des Entlassungsmanagements ist es die Kontinuität der Versorgung, ebenso wie die Kommunikation zwischen den verschiedenen, involvierten Stellen zu steigern.
    • So sollen Versorgungsbrüche bei der Entlassung eines Patienten oder einer Patientin nach dem Krankenhausaufenthalt vermieden werden.
    • Das Entlassungsmanagement unterstützt den Patienten oder die Patientin bei der Bewältigung des Übergangs.
  3. Schmerzmanagement in der Pflege bei akuten Schmerzen
    • Systematisches Einschätzen der Anzeichen und typischen Risiken ist zentral. Das gilt insbesondere für Patientinnen und Patienten, die ihr Schmerzempfinden nicht äußern können.
    • Hier soll den Patientinnen und Patienten durch ein angemessenes Schmerzmanagement unnötiges Leid erspart werden
    • Zentrales Thema ist hier die Vorbeugung der Chronifizierung von Schmerzen.
    • Die Miteinbeziehung von pflegerischen Schmerzexperten soll fokussiert werden.
  4. Schmerzmanagement in der Pflege bei chronischen Schmerzen
    • Auch hier erhät jeder Patient und jede Patientin ein individuell angepasstes Schmerzmanagement.
    • Dieses dient der Schmerzlinderung bzw. -stabilisierung und dem Erhalt einer bestmöglichen Lebensqualität.
  5. Sturzprophylaxe in der Pflege
    • Die Sturzprophylaxe dient der Vorbeugung von Stürzen.
    • Durch bestimmte Maßnahmen soll das Risiko von Stürzen reduziert werden.
    • Zu solchen Maßnahmen zählen unter anderem beispielsweise Übungen, um das Gleichgewicht zu verbessern bzw. die Muskulatur zu verstärken.
    • Patientinnen und Patienten werden im richtigen Umgang mit Hilfsmitteln wie Hüftprotektoren oder Haltegriffen geschult sowie beraten.
  6. Förderung der Harnkontinenz in der Pflege
    • Zentral ist hier die Förderung der Harnkontinenz.
    • Die Förderung der Kontinenz hat Vorrang vor der Kompensation einer bestehenden Inkontinenz.
    • Es wird empfohlen, die Hilfsmittel wie zum Beispiel einen Katheter optimal einzusetzen.
    • So wird die Blasenaktivität kontrolliert und weiteren Entzündungen vorgebeugt.
  7. Pflege von Menschen mit chronischen Wunden
    • Hier sollen neben der Heilung der Wunden auch die Bedürfnisse des Menschen mit einer chronischen Wunde und seine Lebensqualität in den Vordergrund gerückt werden.
    • Durch Anleitung der Patienten und Patientinnen und ihrer Angehörigen zu alltagsorientierten Maßnahmen im Umgang mit der Wunde können die Fähigkeiten zum gesundheitsbezogenen Selbstmanagement so verbessert werden, dass sich positive Effekte für Wundheilung und Lebensqualität ergeben.
  8. Ernährungsmanagement zur Sicherung und Förderung der oralen Ernährung in der Pflege
    • Zentrales Thema ist die Verhinderung von Mangelernährung durch eine frühe Erkennung der Risiken und einer bedürfnisgerechten Ernährung.
    • Patientinnen und Patienten sollen bedürfnisorientiert und bedarfsgerecht bei ihrer Nahrungsaufnahme unterstützt und ermuntert werden.
    • Zur Prävention von Mangelernährung können Zwischenmahlzeiten, Trinknahrung oder Selbstbedienung am Buffet eingeführt werden.
    • Bei vollständig künstlicher Ernährung ist es entscheidend, Ernährungsfachkräfte und Ärzte zu Rate zu ziehen.
  9. Beziehungsgestaltung in der Pflege von Menschen mit Demenz 
    • Hier wird von Pflegefachkräften und allen anderen
      tätigen Berufsgruppen eine person-zentrierte Pflege und Betreuung von
      Menschen mit Demenz gefordert.
    • Umsetzung eines individuellen Unterstützung- und Beziehungsbedarfes.
    • Angehörige werden auf Wunsch und nach Möglichkeit einbezogen.

Quellen:

Hochschule Osnabrück: Deutsches Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege – DNQP

AOK Verlag: Übersicht Expertenstandards

GKV-Spitzenverband: Expertenstandards nach § 113 a SGB XI

Wissen in der Box: Expertenstandard

Der Expertenstandard definiert eine international einheitlich festgelegte pflegerische Versorgung. Die Qualität und Weiterentwicklung der Pflege wird damit gesichert.

Aktuell gibt es acht veröffentlichte Expertenstandards, darunter die Expertenstandards zu Dekubitusprophylaxe, Schmerzmanagement und Förderung der Harnkontinenz.

Ein Expertenstandard wird von einer Expertengruppe des DNQP entworfen und nach sorgfältiger Prüfung veröffentlicht.

Ein Expertenstandard gibt in erster Linie Zielsetzungen der pflegerischen Aufgaben an und lässt dabei gewisse Spielräume in der konkreten Umsetzung.

Beispiele der verschiedenen Expertenstandards können Sie auf den Seiten des DNQP herunterladen. Dort wird ein Auszug aus jedem Expertenstandard bereitgestellt.