Schwerbehinderung

Schwerbehinderung – Alles Wissenswerte auf einen Blick

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Juliane Liebeskind

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Laut Statistischem Bundesamt leiden 9,5 Prozent der Deutschen unter einer Schwerbehinderung (Stand 2020). Damit ist etwa jede:r zehnte Bundesbürger:in von hochgradigen Beeinträchtigungen betroffen. 

Hierbei sind die wenigsten Behinderungen angeboren. In der Regel tritt eine Schwerbehinderung erst im Laufe des Lebens auf. Zum Beispiel durch eine Vorerkrankung oder einen Unfall. 

Man unterscheidet generell zwischen geistigen und körperlichen Einschränkungen, wobei die meisten Behinderungen auf körperliche Defizite zurückzuführen sind. Auch chronische Erkrankungen können unter bestimmten Umständen als Schwerbeschädigung eingestuft werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn eine Erkrankung mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate anhalten wird. 

So können zum Beispiel auch eine Demenz, eine Krebserkrankung oder eine Depression als Schwerbehinderung eingestuft werden.

Inhalt

Schwerbehinderung – Definition

Um eine Behinderung als schwer einzustufen, muss zunächst der Grad der Behinderung (GdB) festgestellt werden. Dieser Wert beschreibt den Grad einer körperlichen oder geistigen Einschränkung in Zehnerschritten von 10 bis 100. Von 1953 bis 2001 regelte das sogenannte Schwerbehindertengesetz in Deutschland unter anderem die Feststellung des Grades der Schwerbehinderung. 

 

Seitdem regelt das Neunte Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) die Eingliederung und Gleichstellung von Menschen mit Behinderung in Deutschland. Ab einem Grad der Behinderung von 50 (Schwerbehinderung 50) gilt eine Einschränkung als schwer. Dann hat man auch Anspruch auf einen Schwerbehindertenausweis. Dieser kann die Nachteile ausgleichen, die einem mit einer Schwerbehinderung entgegentreten und die Gleichstellung gewährleisten. 

Der Schwerbehindertenausweis erlaubt einem zum Beispiel die unentgeltliche Beförderung mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder den Besuch öffentlicher Einrichtungen mit einer Begleitperson sowie gegebenenfalls die Befreiung von der Kfz-Steuer.

Häufigkeiten und Formen von Behinderungen

Eine Behinderung kann in unterschiedlichen Formen auftreten. Ob eine solche Behinderung als schwer eingestuft wird, entscheidet das zuständige Versorgungsamt mit der Zuordnung des Grades der Behinderung. Außerdem kann das Versorgungsamt im Falle einer Schwerbehinderung einem Gleichstellungsantrag stattgeben. Dieser soll die Gleichberechtigung von Menschen mit Behinderungen gewährleisten. 

Generell kann man sagen, dass körperliche Behinderungen wesentlich häufiger auftreten als geistige Behinderungen. Etwa zwei Drittel der Menschen mit Schwerbehinderungen leiden unter einer körperlichen Behinderung. Dies liegt vor allem daran, dass die meisten Behinderungen im Laufe des Lebens auf Grund von Vorerkrankungen oder Unfällen auftreten und nicht angeboren sind. Etwa jede:r zweite Deutsche mit einer Schwerbehinderung ist zwischen 55 und 75 Jahre alt. Damit betrifft die Schwerbehinderung insbesondere die ältere Bevölkerung. 

Die meisten körperlichen Behinderungen sind auf den Verlust oder die Funktionseinschränkung der Gliedmaßen zurückzuführen. Dies liegt vor allem daran, dass mit diesem Verlust häufig eine Berufsunfähigkeit einhergeht. Diese kann dann durch bestimmte Ansprüche ausgeglichen werden. Obwohl statistisch gesehen die Anzahl der Menschen mit Schwerbehinderung in den letzten Jahren gestiegen ist, können auch mehr Menschen staatliche Leistungen in Bezug auf ihre Behinderung empfangen. 

Außerdem sind etwa 30 Prozent mehr Menschen mit einer schweren Behinderung in einem Beschäftigtenverhältnis im Vergleich zum Jahr 2005. Dies spricht vor allem für eine steigende Akzeptanz und Toleranz gegenüber Menschen mit einer schweren Behinderung und deren Eingliederung in das gesellschaftliche Leben.  

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Gesonderte Rechte von Menschen mit Schwerbehinderung

Menschen mit Behinderungen sind häufig Vorurteilen und Diskriminierung ausgesetzt. So sind zum Beispiel viele Räume des öffentlichen Lebens (z.B. Kinos, Museen etc.) nicht rollstuhlgerecht ausgerichtet. Auch der öffentliche Nahverkehr ist besonders in ländlichen Gegenden oft nicht barrierefrei. Diese Tatsache schränkt schwerbehinderte Menschen in ihrer Mobilität und Selbstbestimmung ein. 

Viele Menschen mit Behinderung sind teilweise durchgehend auf die Hilfe von anderen Menschen angewiesen. Um diesem Phänomen entgegen zu wirken wurde unter anderem das „Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderung“ im Jahr 2006 verabschiedet. 

Dieses Übereinkommen wurde von den Vereinten Nationen beschlossen und verbietet jede Form der Diskriminierung von Menschen mit Behinderung. Außerdem werden in diesem Abkommen Menschen mit Behinderung eindeutig dieselben Menschenrechte eingeräumt, die allen anderen Menschen ebenfalls zustehen. Dabei wird insbesondere berücksichtigt, dass Menschen mit Behinderungen zum Teil besondere Bedürfnisse eingeräumt und sie besonders beachtet werden müssen. Dies soll das Recht auf Arbeit, sowie das Recht auf ein selbstbestimmtes und unabhängiges Leben von behinderten Menschen gewährleisten. 

In der Durchsetzung dieses Übereinkommens spielt zum Beispiel auch der Schwerbehindertenausweis eine Rolle. In Deutschland hat jeder Mensch mit Wohnsitz oder Arbeitsstelle in Deutschland, sowie einem Grad der Behinderung von mindestens 50 das Recht auf einen Schwerbehindertenausweis. Dieser gewährleistet je nach Art und Grad der Behinderung gewisse Vorteile. Wer einen Schwerbehindertenausweis besitzt, hat zum Beispiel Anspruch auf zusätzliche Urlaubstage im Jahr und einen besonderen Kündigungsschutz. Dieser soll die Kündigung schwerbehinderter Menschen erschweren und sie damit vor einer möglichen Arbeitslosigkeit schützen. 

Wenn Sie für einen betroffenen Angehörigen einen solchen Ausweis beantragen möchten, müssen Sie gegebenenfalls eine Vorsorgevollmacht anfordern. 

Alltägliche Hürden bei einer Schwerbehinderung

Genauso vielfältig wie Behinderungen auftreten, sind auch die damit einhergehenden Einschränkungen divers. Wer in seiner Sehfähigkeit eingeschränkt ist, kann im Alltag schnell auf Hürden treffen. Das Schriftbild auf Informationstafeln ist oft nicht groß genug bzw. der Kontrast für Sehbehinderte schwer zu erkennen. Wenn man allerdings die Blindenschrift beherrscht, gibt es in öffentlichen Gebäuden (z.B. Museen) oft das Angebot von Texten auch in Blindenschrift. 

Eine Gehbehinderung wird vor allem dann zur Hürde, wenn öffentliche Räume nicht entsprechend ausgestattet sind. Häufig kann man sich aber im Vorhinein über das Vorhandensein von Aufzügen oder barrierefreien Schwellen informieren. 

Für Menschen mit eingeschränktem Hörvermögen können auch schnell Informationen im Internet, die nur als Audiodatei und nicht in Textform verfügbar sind, zur Hürde werden. Zunehmend werden aber Fernsehfilme und Nachrichten mit Audiodeskription oder Übersetzung in Gebärdensprache angeboten. 

Unterstützende Institutionen 

Für Menschen mit Behinderungen gibt es zahlreiche Vereine und Institutionen, die unterstützende und beratende Funktionen haben. Solche Organisationen helfen zum Beispiel bei der Beantragung des Schwerbehindertenausweises, der Vermittlung von Arbeitsstellen oder bei BehördengängenAuch bei der Einrichtung für behindertengerechtes Wohnen oder Hilfe für Angehörige können viele Einrichtungen helfen. 

Unter anderem beschäftigen sich folgende Organisationen mit diesen Themen:

  • Albatros e.V.
  • Jobbörse für Behinderte 

Bedeutung einer Schwerbehinderung für Angehörige

Eine schwere Behinderung ist nicht nur für die Betroffenen selbst eine Herausforderung, sondern kann auch für die Angehörigen belastend sein. Für Eltern, die ein behindertes Kind erwarten und auch für Angehörige eines Menschen, der eine Behinderung entwickelt, sind viele Dinge zu beachten. 

 

Die Wohnung muss gegebenenfalls behindertengerecht ausgerichtet werden und auch der Alltag muss umstrukturiert werden. Diese Aufgaben können schnell überwältigend werden. Sollten Sie sich in einer solchen Situation wiederfinden, kann es hilfreich sein, sich mit einem Verein für Menschen mit Behinderung in Verbindung zu setzen. Dieser kennt sich dann mit den Herausforderungen aus und kann Sie gegebenenfalls an die richtigen Stellen vermitteln.

Wissen in der Box: Schwerbehinderung

Laut dem 9. Sozialgesetzbuch spricht man von einer Behinderung, wenn ein Mensch seit mindestens sechs Monaten in seiner körperlichen, seelischen oder geistigen Gesundheit eingeschränkt ist.

Man unterscheidet zwischen körperlichen, geistigen und seelischen Behinderungen, wobei auch mehrere Arten der Behinderung gleichzeitig vorliegen können.

Ab einem Grad der Behinderung von 50 (GdB 50) gilt eine Beeinträchtigung als Schwerbehinderung und man hat Anspruch auf einen Schwerbehindertenausweis.

Etwa 9,5 Prozent der Deutschen sind von einer Schwerbehinderung betroffen.

Ca. die Hälfte der Deutschen mit Schwerbehinderung sind zwischen 55 und 75 Jahre. 

Etwa zwei Drittel der Schwerbehinderten in Deutschland leiden unter einer körperlichen Behinderung, geistige und seelische Schwerbehinderungen sind seltener.