Diplomkauffrau und zert. Medical Writer
Es gibt verschiedene Inkontinenzformen, welche überwiegend ältere Menschen betreffen. Es wird zwischen einer Harnblasen- und einer Stuhlinkontinenz unterschieden. Der Begriff Inkontinenz bedeutet grundsätzlich eine Schwäche etwas zurückzuhalten.
Eine Inkontinenz wirkt sich nicht nur von Mensch zu Mensch unterschiedlich stark aus, sondern sie kann beim selben Betroffenen abhängig von Situationen ebenfalls variieren.
Eines haben aber alle Inkontinenzformen gemeinsam: Die Wahrscheinlichkeit, an einer Inkontinenz zu leiden, steigt mit zunehmendem Alter. Außerdem ist eine Inkontinenz den Betroffenen fast immer sehr unangenehm, weshalb die allermeisten Betroffenen dieses Problem lieber für sich behalten und eine soziale Isolation droht.
Umso wichtiger ist es, dass Sie sich als Betroffener mit dem Thema Inkontinenz auseinandersetzen und sich zuallererst an Ihren Hausarzt oder Ihre Hausärztin wenden. Ist ein:e Angehörige:r von einer Inkontinenz betroffen, ist ein professioneller und einfühlsamer Umgang ein wichtiger Schritt um dem oder der Betroffenen zu helfen.
Eine Harnblaseninkontinenz, im Volksmund auch Blasenschwäche, kann gravierende Auswirkungen auf das soziale Leben haben und zur selbstgewählten Isolation führen. Betroffene ziehen sich immer mehr zurück um ihr „Problem“ vor der Familie und Freunden zu verstecken. Fällt Ihnen bei einem Familienmitglied oder Bekannten ein solches Verhalten auf, denken Sie auch immer an eine mögliche Harndranginkontinenz und ermutigen Sie die betroffene Person, sich Ihnen gegenüber zu öffnen oder den Hausarzt bzw. die Hausärztin zu kontaktieren. Es gibt sehr viele gute Inkontinenzprodukte sogar auf Rezept, welche den Betroffenen wieder ein normales Sozialleben ermöglichen.
Frauen sind aufgrund der Anatomie des Beckenbodens und aufgrund von vorausgehenden Geburten im Alter weitaus häufiger von Harndranginkontinenz betroffen als Männer. Eine genaue Angabe über die Häufigkeit der verschiedenen Inkontinenzformen zu machen ist so gut wie unmöglich, weil man von einer sehr großen Dunkelziffer ausgeht und zudem die Schweregrade verschiedenste Ausprägungen haben. Man schätzt aber, dass weltweit 200 Millionen Menschen betroffen sind. Aufgrund der demographischen Entwicklung ist von einem zunehmenden Problem auszugehen.
Die Stuhlinkontinenz ist ebenfalls eine Erkrankung des höheren Lebensalters. Frauen sind aufgrund der oben genannten Gründe auch häufiger von einer Stuhlinkontinenz betroffen. Die Ausprägungen der Inkontinenz reichen von unwillkürlich abgehenden Winden bis zur kompletten Unfähigkeit den Stuhl zu halten. Die soziale Stigmatisierung ist sehr hoch.
Es kann sogar vorkommen, dass sowohl eine Harn- als auch eine Stuhlinkontinenz gleichzeitig vorliegen, was für die Betroffenen doppelt belastend ist.
Die Dranginkontinenz wird auch als Urge-Inkontinenz bezeichnet. Patienten klagen über einen zwingenden Harndrang mit folgendem unwillkürlichem Harnabgang. Die Toilette wird dabei oft nicht erreicht. Diese Form der Inkontinenz kommt beispielsweise bei Harnblaseninfektionen vor.
Aber auch Tumoren, Blasensteine oder eine Störung der die Harnblase versorgenden Nerven können eine Dranginkontinenz hervorrufen. Anteilig ist auch eine psychosomatische Komponente möglich, also eine Blasenschwäche ohne organische Ursache. Beruflicher Stress oder häusliche Spannungen begünstigen die Blasenschwäche.
Die Belastungsinkontinenz wird auch als Stressinkontinenz bezeichnet. Schweres Heben oder Tragen, körperliche Aktivität oder auch Lachen führen zu einer Druckerhöhung im Bauchraum und hierdurch zu einem unwillkürlichen Urinverlust. In den meisten Fällen ist eine Schwäche der Beckenbodenmuskulatur ursächlich, welche dem aufgebauten Druck nicht genug Kraft entgegenzusetzen hat. Die Belastungsinkontinenz betrifft oft auch jüngeren Frauen nach Schwangerschaften, weshalb sich für alle Schwangeren nach dem Wochenbett der Besuch eines Rückbildungskurses empfiehlt.
Die Mischinkontinenz ist eine Mischform aus Drang- und Belastungsinkontinenz.
Diese drei Formen sind die häufigsten Inkontinenzformen. Neben dem unwillkürlichen Harnabgang beklagen Patientin ggf. auch Schmerzen im Unterbauch, häufiges Wasserlassen kleiner Mengen (Pollakisurie) oder auch vermehrtes nächtliches Wasserlassen (Nykturie).
Überlaufinkontinenz
Aufgrund von einer Abflussstörung kommt es bei der Überlaufinkontinenz zu einer übervollen Blase, dies führt zu Harnträufeln. Bei Männern liegt in diesem Fall häufig eine Prostatavergrößerung vor.
Die Reflexinkontinenz bezeichnet eine reflexartige Harnentleerung aufgrund von Schädigungen des zentralen Nervensystems (z.B. bei Multiple Sklerose).
Diese Inkontinenzform kann Folge von Operationen oder Bestrahlungen sein, kommt aber auch angeboren vor.
Insbesondere beim weiblichen Geschlecht führen Geburten zu einer Beckenbodenschwäche mit resultierender „Blasenschwäche“. Auch Übergewicht stellt einen Risikofaktor dar und führt zu einer Beckenbodenschwäche. Die häufigsten Ursachen der männlichen Inkontinenz, stellen Operationen dar. Zum Beispiel eine Entfernung der Prostata.
Weitere Ursachen einer Dranginkontinenz sind Harnwegsinfektionen, Blasensteine oder Tumoren.
Im Alter begünstigt ein Mischbild die Entstehung der Inkontinenz. Hierzu zählen altersbedingte Veränderungen der ableitenden Harnwege, eine nachlassende Kontrolle über das Urinieren und chronische Harnwegsinfektionen. Außerdem erhöhen begünstigende Begleiterkrankungen (z.B., Demenz, Schlaganfall), eingeschränkte Mobilität und die Einnahme verschiedenster Medikamente mit negativem Einfluss auf die Kontinenz das Risiko für eine Harninkontinenz.
Liegt eine Inkontinenz vor, wird das Problem oft tabuisiert oder auch als Bagatelle abgetan. Weit verbreitet ist auch die Annahme es handle sich bei im Alter schlechter kontrollierbarem Harndrang eben um eine normale Alterserscheinung. Eine spezielle Therapie oder auch die Versorgung mit inkontinenzspezifischen Hilfsmitteln verhindert eine soziale Isolation und verbessert die Lebensqualität enorm. Hiervon profitieren nicht selten auch die Angehörigen eines betroffenen Patient:innen.
Außerdem werden Folgeerkrankungen verhindert. Bei bettlägerigen, pflegebedürftigen Patienten kann eine Inkontinenz ganz wesentlich die Entstehung von Druckstellen (Dekubiti) oder Hautentzündungen begünstigen. Vermehrte Infektionen der Harnwege können „aufsteigen“ und zu einer Niereninfektion bzw. Sepsis führen.
Es gibt auch Hinweise, dass Depressionen Folge einer Harninkontinenz sind. Nicht zuletzt besteht die Möglichkeit, dass Dranginkontinenz vermehrt zu Stürzen mit folgenden Knochenbrüchen begünstigt.
Führt eine Inkontinenz zu einem sozialen Rückzug der Betroffenen, ist die Folge davon oft ein beschleunigter körperlicher und geistiger Abbau.
Die Diagnostik beginnt mit einer umfassenden Anamnese und körperlichen Untersuchung. Daraufhin sollte die Verlustmenge quantifiziert werden. Das Führen eines sogenannten Miktionstagebuchs hilft dem Arzt das Miktionsverhalten besser einzuschätzen. In einem solchen Tagebuch halten Betroffene über mehrere Tage u.a. Fragen zur Trinkmenge und Urinmenge fest. Wie oft wird die Toilette besucht, besteht ein starker Harndrang wie sieht das Inkontinenzgeschehen aus?
Mit einer Urinuntersuchung werden Infektionen ausgeschlossen. Zur Basisdiagnostik zählt außerdem eine allgemeine Blutuntersuchung (die Nierenwerte geben beispielsweise Auskunft über eine mögliche Schädigung der oberen Harnwege bzw. der Niere. Bei Männern ist die PSA- Wert Bestimmung interessant, um eine Prostataerkrankung auszuschließen.
Je nach Inkontinenzform schließen sich weitere apparative Untersuchungen an. Hierzu zählen Ultraschalluntersuchungen über die Bauchdecke oder auch Ultraschalluntersuchungen der Prostata bei Männern. Weiterhin erfolgt eine Darstellung der ableitenden Harnwege mittels Röntgenuntersuchungen. Blasenspiegelungen (Einführen einer kleinen Kamera über die Harnröhre unter lokaler Betäubung) schließen entzündliche Veränderungen, Steine oder Tumoren in der Harnblase aus. Es ist weiterhin möglich mittels Urodynamik den Harnblasendruck oder mittels Uroflowmetrie den Urinfluss zu messen. Bei Frauen kommt eine gynäkologisch Untersuchung in Frage.
Zur Abklärung einer Stuhlinkontinenz ist unbedingt eine Darmspiegelung notwendig.
Die Untersuchungen werden je nach Inkontinenzform von Urologen bzw. Urologin, Gynäkologen bzw. Gynäkologin oder Proktologen bzw. Proktologin vorgenommen. In Kliniken gibt es häufig spezielle Inkontinenzsprechstunden, von wo aus die Koordination der notwendigen Untersuchungen erfolgt und ein Behandlungsplan erstellt wird.
Lassen Sie sich bei der Frage der geeigneten Behandlungseinrichtung von Ihrem Hausarzt oder Ihrer Hausärztin beraten und sprechen Sie das Thema gezielt an. Je eher eine Therapie begonnen wird, desto erfolgsversprechender das Ergebnis.
Zu den Inkontinenzformen gehört auch die Stuhlinkontinenz. Wie die Harninkontinenz ist auch die Stuhlinkontinenz ein stark tabuisiertes Thema mit, je nach Schweregrad, massiver Beeinträchtigung der Lebensqualität. Die Stuhlinkontinenz betrifft insbesondere Frauen, da eine vorausgegangene Geburt u.a. zu einer Verletzung des Schließmuskels führen kann. Andere Ursachen sind proktologische Erkrankungen wie ausgeprägte Hämorrhoiden oder ein Mastdarmvorfall.
Außerdem können vorausgegangene Darmoperationen, bei welcher das Reservoir im Mastdarm entfernt werden musste, Verletzungen des Schließmuskels nach proktologische Operationen, neurologische Erkrankungen oder schlicht entzündliche Durchfallerkrankung die Ursache für Stuhlinkontinenz sein. Aber auch ein Tumorleiden sollte als Ursache bei neu auftretender Inkontinenz immer ausgeschlossen werden.
Die Therapie richtet sich nach der Schwere und Ursache der Stuhlinkontinenz. Mittels Medikamenten wird der Stuhl verfestigt. Nichtsdestotrotz hilft Beckenbodentraining mit oder ohne Biofeedback Geräte, bei denen die Anspannung der Beckenbodenmuskeln am Bildschirm erfolgt. Desweiteren werden Hämorrhoiden oder Mastdarmvorfälle mit gutem Ergebnis operiert .
Es gibt weiter auch die Möglichkeit, durch ein operatives, rekonstruktives Verfahren den Beckenboden zu stärken. Dies wird allerdings selten gemacht, weil solche Operationen nicht immer erfolgsversprechend sind. Selten ist – vor allem bei pflegebedürftigen Patient:innen mit Infektionen und Druckgeschwüren – die Anlage eines künstlichen Darmausgangs notwendig.
Insgesamt sollte auf eine ausreichende Analhygiene geachtet werden. Vorlagen, Analtampons, pflegende Cremes verhindern Folgeschäden.
Quellen:
Münter K. Inkontinenz (R32). In: Klimm H, Peters-Klimm F, Hrsg. Allgemeinmedizin. 5., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Thieme; 2016. doi:10.1055/b-004-129719
Robert Koch Institut: Heft 39, Harninkontinenz
AWMF: S2e-LeitlinieHarninkontinenz bei geriatrischen
Patienten, Diagnostik und Therapie
Fonds Soziales Wien: Inkontinenz – Ursachen und Hilfe
Die große Unterscheidung findet zwischen Harnblaseninkontinenz und Stuhlinkontinenz statt. Bei der Harnblaseninkontinenz gibt es außerdem noch Unterkategorien.
Es gibt die Drang-, Belastungs-, Misch-, Überlauf- und Reflexionsinkontinenz. Hinzu kommen die Extraurethrale Inkontinenz und die Inkontinenz im Kindes- und Jugendalter.
Sowohl Beckenbodenschwäche und Übergewicht als auch das Entfernen der Prostata bei Männern kann zu Harninkontinenz führen.
Inkontinenz kann bei bettlägerigen Personen zu Dekubiti, Hautentzündungen und auch Niereninfektionen führen. Inkontinenz kann durch Scham auch zu Depressionen führen.
Sowohl Blut- als auch Urinuntersuchungen sollten durchgeführt werden. Auch Ultraschalluntersuchungen und gynäkologische Untersuchungen sind wichtig.
Vor allem Darmoperationen und Geburten führen zu Stuhlinkontinenz. Medikamente, Beckenbodentraining und Operationen können helfen.
Hinweise & Fußnoten:
*Die Bereitstellung von Pflegehilfsmitteln zum Verbrauch erfolgt unter der Voraussetzung eines entsprechenden Bedarfs und der Notwendigkeit im Einzelfall. Die Beurteilung des individuellen Bedarfs und der Notwendigkeit erfolgt durch die Pflegekasse gemäß den gesetzlichen Bestimmungen (§ 40 Abs. 2 SGB XI). Ein Anspruch besteht nur, wenn die Voraussetzungen hierfür erfüllt sind.
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