Entlastungsbetrag – 125 Euro extra für Pflegeunterstützung

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Elisabeth Vatareck

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Viele Pflegebedürftige werden in häuslicher Pflege von ihren Angehörigen versorgt. Vielleicht kennen Sie diese Situation selbst als pflegende:r Angehörige:r und wissen, dass die Pflege zuhause viel Energie und Zeit erfordert. Der Gesetzgeber hat das erkannt und mit dem seit 2017 geltenden Pflegestärkungsgesetz (PSG II) die Situation für Pflegebedürftige und deren pflegende Angehörige verbessert. 

Darin ist der sogenannte Entlastungsbeitrag enthalten. Er dient zum einen der Entlastung pflegender Angehöriger. Zum anderen soll er die Selbstständigkeit der Pflegebedürftigen in ihrer Pflege sozialer Kontakte und im ihrem Alltag unterstützen. Der monatlich festgesetzte Entlastungsbetrag wird hierfür als Erstattung für bestimmte unterstützende Aufwendungen in Anspruch genommen.

Inhalt

Entlastungsbetrag – Definition

Der Entlastungsbetrag ist ein zweckgebundener Beitrag der Pflegekasse, der pflegende Angehörige oder vergleichbar Nahestehende entlasten soll. Viele kennen den Entlastungsbetrag auch als „zusätzliche Betreuungsleistungen“ oder „Entlastungsleistungen“. Da es sich hierbei um eine zweckgebundene Leistung handelt, wird der Betrag nur unter der Bedingung einer konkreten Anwendung ausgezahlt. Diese Kosten werden rückwirkend durch die Pflegekasse übernommen.

Der Entlastungsbetrag ist für qualitätsgesicherte Leistungen gedacht, die zum Beispiel ein ambulanter Pflegedienst erbringt. Insbesondere geht es dabei um Leistungen, die die Selbstständigkeit der Pflegebedürftigen im Alltag fördern. Die Höhe des Entlastungsbetrags liegt unabhängig vom Pflegegrad bei 125 Euro im Monat, beziehungsweise bis zu 1.500 Euro im Jahr. 

Entlastungsbetrag – Anspruch

Anspruch auf den Entlastungsbetrag haben alle Pflegebedürftigen in häuslicher Pflege. Das gilt daher für alle, die eine Einstufung in Pflegegrad 1, Pflegegrad 2, Pflegegrad 3, Pflegegrad 4 und Pflegegrad 5 erhalten haben. Es ist jedoch zu beachten, dass der Pflegegrad vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) anerkannt sein muss. 

Des Weiteren erfolgt der Einsatz des Beitrags zur Entlastung einer pflegenden Person zum Beispiel durch eine:n Angehörige:n. Die mit dem Entlastungsbetrag abgerechneten Betreuungsleistungen sind außerdem vom jeweiligen Landesrecht anerkannt. 

Hinweis: Wer einen Pflegegrad 1 bis 5 hat und zu Hause gepflegt wird, hat jeden Monat Anspruch auf zuzahlungsfreie Pflegehilfsmittel. Diese können Sie hier einfach beantragen.

Entlastungsbetrag richtig nutzen

Prinzipiell ist der Entlastungsbeitrag dafür gedacht, solche Aufwendungen zu erstatten, die Pflegebedürftige in ihrem Alltag unterstützen. Es gibt dabei viele verschiedene Möglichkeiten den Betrag einzusetzen. Zum Beispiel werden folgende Formen der Pflege vom Entlastungsbetrag bezahlt :

Für viele Pflegebedürftige ist der Entlastungsbetrag jedoch insbesondere für direkte Hilfen im Alltag sehr wertvoll. Angebote dieser Art werden häufig als niedrigschwellige Betreuungs- und Entlastungsangebote bezeichnet. 

Insbesondere Demenzkranke profitieren von diesen Betreuungsangeboten. Kreative Tätigkeiten können ihnen helfen, ihre kognitiven Fähigkeiten zu erhalten oder zu verbessern. Körperlich Eingeschränkte profitieren demzufolge von Bewegungs- und Koordinationsgruppen. 

Zu den häufig in Anspruch genommenen Betreuungs- und Entlastungsangeboten zählen zum Beispiel:

  • Hilfe im Haushalt, zum Beispiel Reinigung, Hilfe bei der Wäsche, Zimmerpflanzen bewässern oder andere Versorgung
  • Erledigung der Einkäufe
  • Besuch einer Sing- und Bastelgruppe bei einem Wohlfahrtsverband 
  • Wöchentliches Wahrnehmen eines Bewegungsangebotes
  • Spazierengehen mit einer Ehrenamtlichen 
  • Begleitung außerhalb des Hauses, zum Beispiel bei Arztbesuchen, Behördengängen oder zu Konzerten
  • Betreuungsleistungen, wie zum Beispiel die Beaufsichtigung von Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz oder Anregung und Unterstützung bei sozialen Kontakten

Nützliche Pflegeleistungen

Mit dem Entlastungsbetrag den Pflegedienst bezahlen

Den Entlastungsbetrag für Pflege einzusetzen, die durch einen regelmäßig bestellten ambulanten Pflegedienst durchgeführt, ist unter bestimmten Voraussetzungen möglich. So dürfen Personen mit Pflegegrad 1 den Entlastungsbetrag in voller Höhe für die Grundpflege durch einen ambulanten Pflegedienst nutzen. Für sie ist der Entlastungsbetrag besonders wertvoll, da noch kein Anspruch auf Pflegegeld oder Pflegesachleistungen besteht.

Bei Personen, die ab Pflegegrad 2 den Entlastungsbetrag erhalten, können ambulante Leistungen des Pflegedienstes im Bereich der Selbstversorgung abgerechnet werden. Leistungen für die Körperpflege, wie das An- und Auskleiden, große und kleine Toilette beziehungsweise Duschen usw., sind von der Möglichkeit ausgenommen. Diese werden durch Pflegesachleistungen finanziert.

Den Entlastungsbeitrag rückwirkend einfordern

Prinzipiell wird der Entlastungsbetrag erst nach Inanspruchnahme der Pflegeleistungen beantragt und ausgezahlt. Nicht genutzte Entlastungsbeträge werden daher rückwirkend verwendet und verfallen zunächst für einige Zeit nicht. Das gilt für alle Ansprüche aus dem laufenden Jahr, sowie für Ansprüche aus dem Vorjahr. Diese sind jedoch nur bis zum 30. Juni des Folgejahres geltend zu machen. Alle Rechnungen über beanspruchte Betreuungsleistungen sind demzufolge bis dahin bei der Pflegekasse einzureichen. 

Das heißt im Umkehrschluss, dass der Entlastungsbetrag nicht jeden Monat vollständig genutzt werden muss. Übrige Beträge werden jeweils in die folgenden Monate übertragen und können bis Mitte des folgenden Kalenderhalbjahres in Anspruch genommen werden.

Nutzung des Entlastungsbetrags für Privatpersonen

Den Entlastungsbetrag an Privatpersonen weiterzugeben, ist grundsätzlich nicht vorgesehen. So ist auch die Nutzung des Entlastungsbetrags für Angehörige, die die häusliche Pflege übernehmen, nicht möglich. Schließlich wurde der Betrag eingeführt, um Privatpersonen oder pflegende Angehörige zu entlasten. Privatpersonen können nur dann vom Entlastungsbetrag bezahlt werden, wenn sie zum Beispiel für einen anerkannten sozialen Helfer- oder Nachbarschaftsdienst tätig sind. In diesem Fall wird die Leistung mit dem Dienst abgerechnet und kann der Person zugute kommen.

Es ist folglich auch nicht möglich mit dem Entlastungsbetrag eine Haushaltshilfe privat zu finanzieren. Generell soll der Entlastungsbetrag zwar für die Hilfe im Haushalt verwendet werden, dabei muss es sich jedoch um eine von der Pflegekasse anerkannte Haushaltshilfe handeln. Ob ein Dienstleister anerkannt ist, kann bei der Pflegekasse erfragt werden. Sie führen eine Liste über Pflegedienste und selbstständige Einzelanbieter, die die nötigen Kriterien erfüllen und für ihren Dienst professionell ausgebildet sind.

Aufgrund der Corona-Pandemie gibt es eine Sonderregelung, die Pflegebedürftigen des Pflegegrades 1 erlaubt, den Entlastungsbetrag auch für Hilfen außerhalb der geltenden Regelung einzusetzen. Dies gilt bis zum 31.03.2022. So ist die zeitlich befristete Nachbarschaftshilfe aktuell zugelassen.

Im Juni 2021 ist die neue Pflegereform vom Bundestag beschlossen worden. Bisher galt: Wenn die Gelder aus dem Pflegesachleistungsbetrag nicht aufgebraucht worden sind, können 40 Prozent davon in Entlastungsleistungen umgewandelt werden. Zum 01.01.2022 wurde die Umwandlung zum Entlastungsbetrag vereinfacht und es muss dafür kein Antrag mehr gestellt werden.

Entlastungsbetrag beantragen

Den Entlastungsbetrag müssen Sie nicht gesondert beantragen. Prinzipiell steht er allen Menschen zu, die einen anerkannten Pflegegrad haben. Er wird ebenso wie Pflegegeld und Pflegesachleistungen durch die Pflegekasse organisiert und wird rückwirkend für bereits erbrachte Leistungen gezahlt.

Wenn Sie den Entlastungsbeitrag beispielsweise als pflegende:r Angehörige:r nutzen wollen, müssen Sie oder Ihr:e gepflegte:r Angehörige:r zunächst finanziell in Vorleistung treten. Der Dienst wird also zunächst bestellt und bezahlt. Für die Nutzung des Entlastungsbetrags benötigen Sie eine Rechnung bzw. Quittung, die sowohl die genauen Tätigkeiten als auch den Preis enthält

Diesen Beleg, oder gegebenenfalls auch mehrere Belege, reichen Sie dann bei der Pflegekasse ein. Anschließend wird Ihnen der Betrag erstattet. Die erste eingereichte Rechnung gilt für die Kasse gleichzeitig als Antragstellung für den Entlastungsbetrag. 

Üblicherweise rechnet der Anbieter über eine Abtretungserklärung direkt mit der Pflegekasse ab, so dass der oder die Pflegebedürftige nicht in Vorleistung gehen muss. Übersteigt die erbrachte Leistung die 125 Euro, muss eine wirtschaftliche Aufzahlung getätigt werden.

Quellen:

Bundesgesundheitsministerium: Angebote zur Unterstützung im Alltag, Entlastungsbetrag und Umwandlungsanspruch

Verbraucherzentrale: Wofür Sie in der Pflege Entlastungsleistungen nutzen können

Sozialverband Deutschland: 5 Fragen zum Entlastungsbetrag in der Pflegeversicherung

Wissen in der Box: Entlastungsbetrag

Anspruch auf den Entlastungsbetrag haben alle Pflegebedürftigen mit einem anerkannten Pflegegrad in häuslicher Pflege.

Der Entlastungsbetrag kann z.B. zur Zahlung der Tagespflege, Kurzzeitpflege oder Verhinderungspflege genutzt werden. 

Der Entlastungsbetrag muss nicht gesondert beantragt werden. Rechnungen für Leistungen werden bei der Pflegekasse eingereicht. Das erste Einreichen gilt als Antragsstellung des Entlastungsbetrags. 

Unter bestimmten Voraussetzungen ist dies möglich. Personen mit Pflegegrad 1 dürfen den Betrag in voller Höhe für die Grundpflege durch einen ambulanten Pflegedienst nutzen.

Nicht genutzte Beträge werden rückwirkend verwendet und verfallen zunächst für einige Zeit nicht. Ansprüche aus dem laufenden Jahr sowie aus dem Vorjahr sind bis zum 30.06. des Folgejahres geltend zu machen.

Den Entlastungsbetrag an Privatpersonen weiterzugeben, ist grundsätzlich nicht vorgesehen. So ist auch die Nutzung des Entlastungsbetrags für Angehörige, die die häusliche Pflege übernehmen, nicht möglich.