Pflegeunterstützungsgeld – Was Sie bei Lohnausfällen beantragen können
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Unverhofft kommt oft – Sie haben das vielleicht schon einmal in der eigenen Familie erlebt. Tritt bei nahen Angehörigen plötzlich eine akute Pflegesituation auf, kann es manchmal schwierig werden, die erste, dringend nötige pflegerische Versorgung sicherzustellen. Übernehmen Angehörige in dieser akuten Zeit die Pflege und müssen dafür die eigene Erwerbstätigkeit anpassen, stellt sich die Frage, wie die Einkünfte gesichert werden können. Hier hilft das Pflegezeitgesetz in Form von Pflegeunterstützungsgeld.
Hierdurch sind Arbeitnehmer:innen – zeitlich begrenzt – finanziell abgesichert, wenn sie aufgrund einer familiären Pflegesituation ihre Erwerbstätigkeit vorübergehend nicht ausüben können. Der Gesetzgeber sieht vor, zum Zwecke der kurzfristigen Sicherstellung der Pflege bzw. zur Überbrückung der Zeit, die die Organisation einer professionellen Pflege in Anspruch nimmt, das sogenannte Pflegeunterstützungsgeld beantragen zu können. Anspruchsberechtigt sind Beschäftigte, bei denen sich nach §2 des Pflegezeitgesetzes eine „kurzfristige Arbeitsverhinderung“, resultierend aus einer spontan erfolgten, familiären Pflegesituation ergeben hat.
Beim Pflegeunterstützungsgeld handelt es sich also um eine Lohnersatzleistung der Pflegeversicherungen, über die wir Sie im folgenden Artikel genauer informieren wollen.
Die Definition von Pflegeunterstützungsgeld
Zur besseren Vereinbarkeit von Pflege und Beruf gibt es seit 2015 das Pflegezeitgesetz. Berufstätigen Angehörigen soll hierdurch eine pflegerische Unterstützung innerhalb ihrer Familie ermöglicht werden, ohne dadurch gleichzeitig finanzielle Nachteile durch unentgeltliches Fernbleiben vom Arbeitsplatz zu erleiden.
Das Angebot des Staates richtet sich an Arbeitnehmer:innen, deren Angehörige sich in einer plötzlich aufgetretenen und akuten Pflegesituation befinden. Es besteht die Möglichkeit, sich, mit Ausgleich durch das Pflegeunterstützungsgeld, bis zu zehn Tage jährlich vom Arbeitgeber entgeltlos freistellen zu lassen. In dieser Zeit kann dann die häusliche Pflege des Familienmitgliedes übernommen werden. Zum Beispiel bis die Organisation der weiteren pflegerischen Versorgung in die Wege geleitet werden konnte. Es handelt sich also um eine Lohnersatzleitung der Pflegeversicherungen.
Der Entgeltanspruch der oder des pflegenden Angehörigen kann für einen Zeitraum von maximal zehn (Arbeits-)tagen jährlich an die Pflegekasse des bzw. der zu Pflegenden gerichtet werden. Dieser maximale Zeitraum muss aber nicht zusammenhängend in Anspruch genommen werden. Außerdem können die Tage, wenn nötig, auch auf mehrere pflegende Angehörige aufgeteilt werden.
Grundsätzlich wichtig zu wissen: Für eine zu pflegende Person kann in Summe Pflegeunterstützungsgeld nur für höchstens zehn Tage gewährt werden.
Es handelt es sich hierbei um einen jährlich wiederkehrenden Anspruch, der in jedem Kalenderjahr erneut im genannten maximalen Umfang abgerufen werden darf. Wie oft das Geld beantragt werden kann, richtet sich also danach, ob und wann es sich um einen beschriebenen Notfall handelt und ob die vorgegebene jährliche Höchstgrenze von zehn Tagen noch nicht überschritten wurde.
Die Höhe richtet sich immer nach dem aktuellen Gehalt der Antragsteller:innen und beträgt mindestens 90 Prozent des Nettoeinkommens.
Anspruchsberechtigte für die Lohnersatzleistung
Zunächst ist zu klären, ob Sie die nötigen Voraussetzungen erfüllen und damit eine Anspruchsberechtigung haben. Konkret bedeutet das:
- Es liegt eine Berufstätigkeit Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um eine Voll- oder Teilzeittätigkeit handelt, Sie sich in der Berufsausbildung befinden oder einer geringfügigen Beschäftigung nachgehen. Entscheidend ist, dass im Rahmen der Pflegeunterstützungsleistungen tatsächlich eine vorrübergehende Freistellung aus dem Beruf geplant ist, der Arbeitgeber dahingehend informiert wurde und während des betreffenden Zeitraums keinen Lohn zahlen wird.
- Das Pflegeunterstützungsgeld wird von Ihnen als nahe:n Angehörige:n beantragt. Dazu gehören: Ehe- oder Lebenspartner:innen, eigene Kinder, Schwieger-, Enkel-, Adoptiv- oder Pflegekinder oder die des Ehepartners bzw. Lebenspartners, Geschwister, Schwägerinnen und Schwager, Eltern, Schwieger-, Groß-, oder Stiefeltern.
- Es liegt bei dem zu pflegenden Angehörigen schon eine Einstufung in eine Pflegebedürftigkeit vor oder wurde aufgrund der akuten Situation bereits in die Wege geleitet, was durch den Bescheid zu einem vorhandenen Pflegegrad nachzuweisen ist.
- Es handelt sich bei der akuten Pflegesituation um einen nicht vorherzusehenden, also plötzlich eingetretenen Umstand.
- Der oder die Pflegebedürftige wird zu Hause gepflegt.
- Shäuslicheie befinden sich im beabsichtigten Zeitraum nicht in (Familien-) Pflegezeit und beziehen auch selbst kein Kranken- oder Verletztengeld.
- Der oder die zu pflegende Angehörige ist bei einer deutschen Krankenkasse versichert, auch wenn er nicht in Deutschland lebt.
So berechnet sich das Pflegeunterstützungsgeld
Als Berechnungsgrundlage für die Höhe dient das Nettoentgelt.
Sind zusätzlich zum monatlichen Gehalt in den letzten 12 Monaten keine Sonderzahlungen des Arbeitgebers (zum Beispiel Urlaubs- oder Weihnachtsgeld) bezogen worden, beträgt das Pflegeunterstützungsgeld 90 Prozent des Nettoentgeltes für den zu berechnenden Zeitraum.
Gab es solche Sonderzahlungen in den letzten 12 Monaten, wird das Pflegeunterstützungsgeld sogar zu 100 Prozent aus dem Nettoentgelt berechnet.
Allerdings darf das auf den Tag umgerechnete Brutto-Pflegeunterstützungsgeld nicht 70 Prozent der in der gesetzlichen Krankenversicherung festgesetzten Beitragsbemessungsgrenze überschreiten. Das entspricht zurzeit einem Betrag von täglich 112,88 Euro. (58.050 Euro pro Jahr – 161,25 Euro pro Tag x 0,7 = 112,88 Euro täglich)
Pflegeunterstützungsgeld Rechner:
Beispiel: tägliches Nettoentgelt: 60 Euro
maximaler Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld 10 Tage x 10
= 600 Euro
Pflegeunterstützungsgeld 90 Prozent (ohne Sonderzahlungen) x 0,9
= 540 Euro
Pflegeunterstützungsgeld 100 Prozent (mit Sonderzahlungen) = 600 Euro
So häufig können Sie die Leistungen beantragen
Ein Antrag kann theoretisch mehrmals im Jahr erfolgen. Wichtig ist, dass jedes Mal alle zur Beantragung relevanten Voraussetzungen erfüllt werden (also zum Beispiel handelt es sich jedes Mal um einen akut und unvorhersehbar aufgetretenen Notfall). Und: In der Summe darf die Höchstgrenze von jährlich zehn Tagen nicht überschritten werden.
Da sich das Pflegeunterstützungsgeld immer auf die zu pflegende Person bezieht und auch von deren Pflegekasse erstattet wird, ist es möglich, dass es innerhalb eines Jahres auch für unterschiedliche pflegebedürftige Angehörige an ein und dieselbe Person erstattet wird. In diesem Fall kann ein:e pflegende:r Angehörige:r beim Arbeitgeber auch mehr als zehn Tage Freistellung beantragen, wenn mehr als eine pflegebedürftige Person in einer Notsituation Unterstützung benötigt.
Andersherum ist es auch möglich, den Anspruch innerhalb eines Jahres auf Pflegeunterstützungsgeld auf mehrere pflegende Angehörige bis zur insgesamt maximalen Höhe von zehn Tagen aufzuteilen.
Wie oft es beantragt werden kann, lässt sich also pauschal nicht beantworten. Allerdings besteht ein jährlich wiederkehrender Anspruch von zehn Tagen pro pflegebedürftigen Menschen in der Familie.
Das Pflegeunterstützungsgeld beantragen
Ist eine pflegerische Notsituation in Ihrer Familie aufgetreten und sind Sie zur akuten Überbrückung dazu von Ihrem Arbeitgeber freigestellt worden – was in der Regel ohne Lohnfortzahlung geschieht – sollte sehr zeitnah auch der Antrag auf Pflegeunterstützungsgeld gestellt werden. Das geht sehr unkompliziert und lässt sich bei vielen Krankenkassen auch online erledigen. Alternativ kann man sich von der zuständigen Pflegekasse auch ein entsprechendes Formular zusenden lassen.
Dem Antragsformular muss zwingend auch ein ärztliches Attest beigefügt werden, aus dem hervorgeht, dass der oder die Angehörige tatsächlich eine Pflegebedürftigkeit hat und das in diesem Zusammenhang eine akute Notsituation eingetreten ist.
Zur Beantragung wird ebenfalls eine Bescheinigung des Arbeitnehmers verlangt, das dokumentiert, wie hoch das Nettoentgelt ist, das durch Pflegeunterstützungsgeld kompensiert werden soll. Außerdem muss es die Information enthalten, ob es in den letzten zwölf Monaten Sonderzahlungen gab, durch die sich die Zahlung des Pflegeüberbrückungsgeldes dann von neunzig auf hundert Prozent erhöhen würde.
Weitere Informationen zu Pflegeleistungen, die Ihnen gegebenfalls zustehen:
Quellen:
Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz: Gesetz über die Pflegezeit
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Informationen für pflegende Angehörige
Wissen in der Box: Pflegeunterstützungsgeld
Pflegeunterstützungsgeld wird von der Pflegekasse an Berufstätige gezahlt, die sich aufgrund einer akuten Pflegesituation vorrübergehend um ihre:n pflegebedürftige:n Angehörige:n kümmern müssen.
Personen, die sich in einem Beschäftigungsverhältnis befinden und die sich während einer akuten Pflegebedürftigkeit eines Familienmitgliedes um dieses kümmern.
Das Pflegeunterstützungsgeld beträgt 90 oder 100 Prozent des Nettoentgeltes. Allerdings darf es maximal 70 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze des Krankengeldes nicht überschreiten.
Die Häufigkeit des beantragbaren Pflegeunterstützungsgeld ist auf die zehn Tage pro pflegebedürftiger:m Angehöriger:n begrenzt, die individuell aufgesplittet werden können.
Der Antrag auf Pflegeunterstützungsgeld kann bei der Krankenkasse des bzw. der zu pflegenden Angehörigen gestellt werden. Dazu kann das Formular online ausgefüllt oder per Post zugesandt werden.