Verhinderungspflege

Verhinderungspflege – Pflegevertretung für Angehörige

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Uta Leyke

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Die meisten Pflegebedürftigen werden in Deutschland zu Hause von ihrer Familie gepflegt. Aber was ist, wenn diese einmal verhindert ist? Dafür gibt es die sogenannte Verhinderungspflege. 

Sich um eine pflegebedürftige Person zu kümmern, ist eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe. Nicht selten ist sie auch mit großen Herausforderungen verbunden. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn Sie als pflegendes Familienmitglied selbst erkranken oder einen Urlaub antreten wollen.

Die Verhinderungspflege ist in derartigen Situationen eine mögliche Lösung, um den Pflegepersonen die benötigte Erholungszeit zu gewähren. Wir erläutern Ihnen im Folgenden alles Wissenswerte zur Verhinderungspflege.

Inhalt

Verhinderungspflege – Definition

Die Verhinderungspflege ist eine Leistung der Pflegeversicherung. Sie zielt darauf ab, die Pflegeperson bei Abwesenheit zu vertreten und wird im elften Sozialgesetzbuch (§ 39 SGB XI) wie folgt definiert:

Ist eine Pflegeperson wegen Erholungsurlaubs, Krankheit oder aus anderen Gründen an der Pflege gehindert, übernimmt die Pflegekasse die nachgewiesenen Kosten einer notwendigen Ersatzpflege für längstens sechs Wochen je Kalenderjahr.

Wird die Verhinderungspflege voll ausgeschöpft, kann sich die gewohnte Pflegeperson also für bis zu sechs Wochen von einer Ersatzperson vertreten lassen.

Dabei erfolgt die Pflege weiterhin im Hause des bzw. der Pflegebedürftigen. Diese Tatsache unterscheidet die Verhinderungspflege von der sogenannten Kurzzeitpflege, bei der die pflegebedürftige Person vorübergehend vollstationär untergebracht und gepflegt wird.

Verhinderungspflege – Höhe

Für die bis zu sechs Wochen andauernde Vertretung steht für alle pflegebedürftigen Personen ab Pflegegrad 2  Verhinderungspflegegeld von bis zu 1.612 Euro pro Jahr zur Verfügung. Während einer Verhinderung der sonst betreuenden Person wird die Pflege durch einen professionellen Pflegedienst oder eine andere geeignete Person durchgeführt, die nicht bis zum zweiten Grad mit dem Pflegebedürftigen bzw. mit der Pflegebedürftigen verwandt ist. 

Der Verhinderungspflege Betrag von 1.612 Euro steht allen Pflegebedürftigen mit dem Pflegegrad 2, Pflegegrad 3, Pflegegrad 4 und Pflegegrad 5 zu und ist für alle identisch. Nach Paragraph 45 des ersten Sozialgesetzbuchs (§45 SGB I) können die Leistungen auch rückwirkend beantragt werden

Durch eine Kombination der Verhinderungspflege mit der Kurzzeitpflege lässt sich das Budget für die Verhinderungspflege weiter ausdehnen. Wie das funktioniert, zeigen wir unter dem Punkt „Alternativen zur Verhinderungspflege“.

Wird die Ersatzpflege von Verwandten bis zum zweiten Grad oder Privatpersonen aus der häuslichen Gemeinschaft durchgeführt, errechnen sich die Leistungen anders:

Die Verhinderungspflege wird nicht in voller Höhe übernommen. Anstelle des vollen Verhinderungspflegegelds erhalten nahe Verwandte und Personen aus der häuslichen Gemeinschaft maximal das 1,5-fache des normalerweise ausgezahlten Pflegegelds.

Übersicht Maximalbeträge Verhinderungspflege bei Vertretung durch Mitbewohner oder Pflegepersonen mit Verwandtschaft bis zum zweiten Grad

In der folgenden Tabelle sehen Sie das übliche Pflegegeld, den 50-prozentigen Zuschlag sowie der Gesamtbetrag für den Fall, dass ein:e andere:r Verwandte:r oder Mitbewohner:in bei der Pflege einspringt.

Pflegegrad

Reguläres Pflegegeld pro Monat

Zuschlag zur Verhinderungspflege

Gesamtbetrag für die Verhinderungspflege durch eine:n nahe:n Verwandte:n oder Mitbewohner:in

2

316,00€

158,00€

474,00€

3

545,00€

272,00€

817,50€

4

728,00€

364,00€

1.092,00€

5

901,00€

450,50€

1.351,50€

Während der Verhinderungspflege wird das reguläre Pflegegeld um 50 Prozent gekürzt.

Die reguläre Pflegeperson bekommt allerdings weiterhin das Pflegegeld in voller Höhe, wenn sie die Pflege nur stundenweise in Anspruch nimmt. Also bei einer Verhinderung der Pflegeperson von weniger als acht Stunden am Tag.

Wann Sie Verhinderungspflege beantragen können

Das Ziel der Verhinderungspflege ist es, die Pflegenden zu entlasten und ihnen eine Verschnaufpause zu gönnen. Pflegen Sie eine Pflegeperson, dann achten Sie auch auf Ihre Gesundheit. Dazu gehören auch Pausen und Auszeiten von der Pflege zur Erholung und um wieder Kraft zu schöpfen. Es besteht die Möglichkeit auf Vertretung während einer Auszeit, zum Beispiel während eines Erholungsurlaubs.

Die Ersatzpflege kann ebenso im Fall einer Erkrankung der Pflegeperson eingesetzt werden. Oftmals wird in einem solchen Fall die stationäre Kurzzeitpflege beansprucht.

Während der Verhinderungspflege wird die Grundpflege (z.B. Körperpflege und Unterstützung bei der Nahrungsaufnahme) sowie die hauswirtschaftliche Versorgung der pflegebedürftigen Person gewährleistet, während sich die pflegende Person eine Auszeit nimmt.

Möglichkeit einer individuellen Zeiteinteilung der Pflege

Des Weiteren ist es wichtig zu wissen, dass die Ersatzpflege nicht an einem Stück genommen werden muss. Es ist möglich diese Leistung wochenweise einzuteilen oder auch eine Vertretung stundenweise einzusetzen. Die übliche Pflegesituation wird dabei nicht grundlegend geändert. Lediglich für gewisse Stunden am Tag oder in der Woche kommt eine Vertretungsperson und übernimmt die Pflegetätigkeiten, die sonst der oder die Verwandte übernimmt. Als Regel gilt hier, dass sich die Vertretung für weniger als acht Stunden am Tag um die pflegebedürftige Person kümmern kann. Sofern die Verhinderungspflege nicht länger als acht Stunden am Tag in Anspruch genommen wird, wird das Pflegegeld nicht gekürzt.

Für manche Pflegepersonen kann die stundenweise Entlastung eine gute Alternative sein: So sind sie regelmäßig beim Pflegebedürftigen und können sich von dessen Wohlbefinden überzeugen.

Diese Art der Pflege wird auch dann eingesetzt, wenn die Pflegeperson aufgrund einer kurzfristig auftretenden Situation verhindert ist. Die Pflegeversicherung zahlt in solchen Fällen das Geld für die Verhinderungspflege rückwirkend für die entstandenen Kosten oder Vergütungen an die Ersatzpfleger:innen.

Verhinderungspflege – Voraussetzungen und Anspruch

Anspruchsberechtigt für die Bezuschussung durch den Betrag der Verhinderungspflege sind alle Pflegebedürftigen ab mindestens Pflegegrad 2, die sich in häuslicher Pflege durch Verwandtschaft bis zum zweiten Grad befinden.

Der Verhinderungspflege Anspruch besteht, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Die Pflegeperson muss den oder die Pflegebedürftige:n vorher bereits mindestens sechs Monate in seiner bzw. ihrer häuslichen Umgebung gepflegt hat und dafür Pflegegeld erhalten hat.
  • Außerdem sollte die Pflege mindestens zehn Wochenstunden umfassen.
  • Der oder die Pflegebedürftige muss zum Zeitpunkt der Verhinderung mindestens Pflegegrad 2 haben. 

Sind diese Voraussetzungen erfüllt, bezahlt die Pflegeversicherung eine:n andere:n Angehörige:n, Bekannte:n, einen professionellen Pflegedienst oder eine sonstige geeignete Person für die Versorgung während der Abwesenheit der gewohnten Pflegeperson.

Der Vorteil für Pflegebedürftige liegt auf der Hand: Sie werden weiter in ihrem gewohnten Umfeld gepflegt und müssen sich nicht – wie bei der Kurzzeitpflege – an eine neue Umgebung gewöhnen. Natürlich sollte gewährleistet sein, dass die Pflege auch in der Abwesenheit der Hauptpflegeperson mit der gewohnten Qualität vorgenommen wird.

Für welchen Zeitraum sich Pflegende vertreten lassen können

Sie können die Ersatzpflege für einen Zeitraum von bis zu sechs Wochen je Kalenderjahr beantragen. Allerdings muss die Nutzung der Verhinderungspflege nicht zwangsläufig am Stück erfolgen. Bei Bedarf können Sie sie über das Jahr verteilen und die Verhinderungspflege stundenweise beanspruchen. So können Sie sich als Pflegeperson im Alltag mehrere kleine Auszeiten schaffen, um beispielsweise wichtige Termine wahrzunehmen, während Ihr:e pflegebedürftige:r Verwandte weiterhin die notwendige Unterstützung erhält.

Wird die Verhinderungspflege nicht mehr als 8 Stunden pro Tag beansprucht, wird sie stundenweise abgerechnet. Ein weiterer Vorteil der stundenweisen Verhinderungspflege ist demnach, dass der oder die Pflegebedürftige währenddessen auch weiterhin sein bzw. ihr Pflegegeld in voller Höhe bezieht. Nutzen Sie diese Pflege dagegen länger als 8 Stunden am Stück, wird dem oder der Betroffenen für diese Zeit das Pflegegeld um 50 Prozent gekürzt.

Reichen diese sechs Wochen Ersatzpflege nicht aus, damit Sie sich als pflegende:r Angehörige:r ausreichend erholen, gibt es eine weitere Möglichkeit.

Pflegebedürftigen ab Pflegegrad 2 steht für weitere acht Wochen im Jahr ein Betrag von 1.774 Euro für die Kurzzeitpflege zur Verfügung. Die Kosten der Unterbringung eines Pflegebedürftigen in einer Kurzzeitpflege übersteigen in der Regel jedoch bei acht Wochen den abrufbaren Betrag um ein Vielfaches. Dafür ist es möglich weitere Zuschüsse, wie den Entlastungsbetrag, für die Kurzzeitpflege zu verwenden.

Verhinderungspflege beantragen

Den Verhinderungspflegeantrag kann sowohl der oder die Pflegebedürftige selbst als auch eine von ihm oder ihr bevollmächtigte Person bei der zuständigen Pflegeversicherung einreichen. Diese haben in der Regel auf ihren Internetseiten ein Formular zum Downloaden.

Alternativ können Sie sich telefonisch oder schriftlich an die Pflegeversicherung wenden und das entsprechende Verhinderungspflege Formular anfordern.

In dem Antrag sollten Sie bereits angeben, wie die Pflege in Abwesenheit der Pflegeperson organisiert wird.

Wenn Sie beispielsweise einen Urlaub planen und bereits einen Zeitplan vorliegen haben, können Sie sich im Voraus bei der Pflegekasse der betroffenen Person melden und die Verhinderungspflege beantragen.

Da die Ersatzpflege zum Beispiel bei Krankheit der Pflegeperson jedoch häufig auch spontan gebraucht wird, müssen Sie dafür nicht im Voraus einen Antrag stellen. Eventuell anfallende Kosten können in diesem Fall rückwirkend erstattet werden. Wichtig ist lediglich, dass Sie über den gesamten Zeitraum der Inanspruchnahme alle Belege und Nachweise zu den Aufwendungen sammeln. Eine weitere Voraussetzung für den Antrag ist, dass die pflegebedürftige Person mindestens sechs Monate lang im häuslichen Bereich gepflegt wurde.

Die Aufwendungen umfassen z.B. Kosten für die Pflegesachleistungen eines ambulanten Pflegedienstes, die hauswirtschaftliche Versorgung Ihres Angehörigen oder zum Beispiel auch die Fahrtkosten einer Privatperson. Derartige Ausgaben wird Ihnen die Pflegekasse im Rahmen der Verhinderungspflege rückwirkend erstatten, wenn Sie Ihre Belege zusammen mit dem Antrag einreichen.

Die Kurzzeitpflege als Alternative

Alternativ zur Verhinderungspflege, bei dem der bzw. die Pflegebedürftige weiter zu Hause durch eine Ersatzperson gepflegt wird, können Sie auch die Kurzzeitpflege in Anspruch nehmen. Hierbei wird der oder die Pflegebedürftige stationär in einer Pflegeeinrichtung aufgenommen. Zusätzlich zur Verhinderungspflege übernimmt die Pflegeversicherung hierfür auch noch einmal einen Betrag von bis zu 1.774 Euro. Dieser wurde im Rahmen der Pflegereform 2021 mit Gültigkeit zum 1. Januar 2022 erhöht und betrug ursprünglich ebenfalls 1.612 Euro.

Man kann die Verhinderungspflege und die Kurzzeitpflege aber auch miteinander kombinieren. Werden die Leistungen für die Kurzzeitpflege nicht oder nicht vollständig beansprucht, können 50 Prozent des übrigen Kurzzeitpflege-Budgets für einen Zeitraum von bis zu sechs Wochen in die Verhinderungspflege fließen. Maßgeblich ist hier allerdings die Hälfte des ursprünglichen Kurzzeitpflegebetrags von 1.612 Euro – also 806 Euro. Wird die Kurzzeitpflege nicht verwendet, ergibt sich daher ein Betrag von 2.418 Euro jährlich für die Verhinderungspflege.

Wird die Verhinderungspflege nicht benötigt, kann der gesamte dafür zur Verfügung stehende Betrag für die Kurzzeitpflege eingesetzt werden. Damit stehen für bis zu acht Wochen jährlich sogar 3.386 Euro für die Kurzzeitpflege zur Verfügung.

Verhinderungspflege 2022

Im Rahmen der Pflegereform 2021 ist für die Verhinderungspflege keine Erhöhung vorgesehen. Die geplante Zusammenfassung von Verhinderungspflege und Kurzzeitpflege zum Entlastungsbudget wurde verworfen.

Allerdings gilt nun der Verhinderungspflege Anspruch auch über den Tod hinaus. Bisher erloschen die Erstattungsansprüche mit dem Tod der pflegebedürftigen Person. Mit der Neuregelung können Ansprüche innerhalb von zwölf Monaten nach dem Tod geltend gemacht werden.

Quellen:

SGB XI: § 39 SGB XI Häusliche Pflege bei Verhinderung der Pflegeperson

Bundesgesundheitsministerium: Verhinderungspflege (Urlaubs-/Krankheitsvertretung)

Bundesgesundheitsministerium: Pflegeleistungshelfer

Wissen in der Box: Verhinderungspflege

Es ist eine Pflegeleistung der Krankenkasse, die bei Krankheit oder dem Antritt eines Urlaubs eintritt, um die pflegenden Angehörigen zu unterstützen.

Ab dem Pflegegrad 2 bekommen alle Betroffenen Verhinderungspflegegeld bis zu 1.612 pro Jahr.

Bei physischer oder psychischer Überlastung oder der Krankheit bei den Pflegenden kann diese beantragt werden.

Personen mit mindestens Pflegegrad 2, die zuvor mindestens 6 Wochen zuhause von Angehörigen gepflegt wurden haben einen Anspruch.

Die Ersatzpflege kann in einem Zeitraum von bis zu sechs Wochen genutzt werden. Diese Zeit kann auch über das Jahr verteilt werden.

Auf der Internetseite der Krankenkassen gibt es Formulare, die ausgefüllt und anschließend eingereicht werden müssen.

Die Kurzzeitpflege kann als Alternative genutzt, oder mit letzterer kombiniert werden.

Ja, Sie müssen lediglich über den gesamten Zeitraum der Inanspruchnahme alle Belege zu den Aufwendungen sammeln.

Die Einkünfte aus der Verhinderungspflege fallen unter die steuerfreien Einkünfte, müssen jedoch trotzdem in der Steuererklärung angegeben werden.

Die Verhinderungspflege kann sowohl von einem Pflegedienst als auch von Angehörigen, Verwandten, Bekannten oder Nachbarn durchgeführt werden.