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Pflegedienst und Corona – Sollte ich die Pflege pausieren?

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Uta Leyke

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Die Corona-Pandemie stellt die ganze Welt auf den Kopf. Was früher ganz normal war, geht heute plötzlich nicht mehr oder ist wahnsinnig kompliziert. Die lange Zeit der Kontaktbeschränkungen und die Sorgen, sich anstecken zu können, machen vielen mehr und mehr zu schaffen.

Ist man zudem nicht nur für sich, sondern auch für Angehörige verantwortlich, steigern sich die Sorgen und Ängste oft noch mehr. Insbesondere wenn es sich bei Angehörigen um Pflegebedürftige handelt, bei denen eine Coronainfektion potentiell einen schweren Verlauf annehmen kann, können die Sorgen erdrückend sein.

Viele Angehörige stellen sich daher die Frage, wie sie ihre pflegebedürftigen Angehörigen am besten vor einer Coronainfektion schützen können. Ist die Pflege durch einen häusliche Pflegedienst organisiert, bestehen häufig Unsicherheiten darüber, wie groß das Ansteckungsrisiko durch die Pflegedienstmitarbeiterinnen ist.

Inhalt

Zu welchen Problemen kann es während der Corona-Krise mit Pflegediensten kommen?

Werden Sie oder Ihr Angehöriger durch einen ambulanten Pflegedienst betreut, stellt die Corona-Pandemie diese Pflegeform vor eine neue Herausforderung. Pflegedienstmitarbeiterinnen besuchen und pflegen mehrere Personen. Bei ihrer Arbeit kommen sie diesen in der Regel auch körperlich sehr nah. Regelmäßig begleiten sie ihre Patienten zu deren Arztbesuchen. 

Als Pflegebedürftige oder Angehörige können Sie selbst ihr Ansteckungsrisiko durch eine Anpassung Ihres Verhaltens senken. Aber was ist mit dem Ansteckungsrisiko durch die Pflegedienstmitarbeiterin? Außerhalb ihrer Berufstätigkeit hat sie ein normales Leben, muss einkaufen gehen und andere Erledigungen machen. Hat vielleicht Kinder oder andere private Kontaktpersonen, die sich anstecken und die Infektion an die Pflegerin weitergeben könnten.

Es ist daher legitim, die Pflegedienstmitarbeiterin nach deren Corona-Präventionsmaßnahmen zu fragen. Einen solchen Plan wird auch der Pflegedienst selbst haben, bei dem sie angestellt ist. Allerdings hilft selbst der ausgeklügeltste Plan nicht, wenn sich plötzlich zu viele Mitarbeiter gleichzeitig wegen einer potentiellen oder tatsächlichen Ansteckung in Quarantäne befinden. Es besteht die Gefahr, dass ambulante Pflegedienste zeitweilig nicht wie gewohnt alle Pflegebedürftigen versorgen können.

Daher ist es eine gute Idee sich schon einmal mit dem Gedanken zu beschäftigen, was passiert, wenn der ambulante Pflegedienst zeitweise ausfällt.

Auf was muss ich achten, wenn die Pflegedienstmitarbeiterin kommt?

Es sollte selbstverständlich sein, dass sich Pflegedienstmitarbeiterinnen krank melden, wenn sie Corona-Symptome zeigt. Allerdings besteht bereits eine Gefahr der Infektionsübertragung vor Auftreten von Symptomen

Eine unbekannte Anzahl an Infizierten entwickelt auch gar keine Symptome. Daher ist es besonders bei hohem Infektionsgeschehen unabdingbar, dass Pflegedienstmitarbeiterinnen bei der körpernahen Pflege Schutzkleidung tragen.

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Tragen von Schutzkleidung

Achten Sie darauf, dass die ambulante Pflegeperson immer mit Schutzbekleidung die körpernahe Versorgung durchführt. Den ambulanten Pflegediensten stehen monatliche Beträge für die Pflegehilfsmittel von der Pflegekasse zu. Wegen der höheren Nachfrage und gestiegenen Preisen wurde dieser Betrag während der Corona Pandemie sogar von 40 Euro auf 60 Euro angehoben. Ab dem 01.01.2022 gilt jedoch wieder die vorherige Pflegehilfsmittelpauschale von 40 Euro.

Es ist normalerweise Aufgabe der Pflegedienste, die Schutzbekleidung zu besorgen und diese auch zu verwenden. Haben Sie das Gefühl, dass die Pflegedienstmitarbeiterin nicht ausreichend Schutzkleidung benutzen, fragen Sie unbedingt nach. 

Neben Einweghandschuhen gehört vor allem auch ein Mund-Nasen-Schutz zu den unverzichtbaren Pflegehilfsmitteln. Zusätzlich zum Tragen des Mund-Nasen-Schutzes hilft es, wenn bei der körpernahen Pflege auf das Sprechen verzichtet wird.

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Händedesinfektion

Zu den Pflegehilfsmitteln zählen auch Hände- und Flächendesinfektionsmittel. Diese sind während der Corona-Pandemie noch wichtiger als sonst. Eine gute Händehygiene stellt eine entscheidende Maßnahme für die Infektionsprävention dar. Insbesondere wenn der zu Pflegende immunsupprimiert ist oder wenn eine besondere Kontaminationsgefahr – zum Beispiel bei der Versorgung von Wunden – besteht, ist die wiederholte Händedesinfektion sinnvoll.

Andere Tätigkeiten erfordern ohnehin aseptisches Arbeiten wie die Bereitstellung von Medikamenten oder Infusionen. Selbst wenn von der Pflegedienstmitarbeiterin Schutzhandschuhe getragen werden, ist die vorherige Desinfektion der Hände zur Sicherheit unerlässlich.

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Weitere Hygienemaßnahmen

Nicht alle Pflegetätigkeiten bedürfen einer unmittelbaren Nähe zwischen Pflegebedürftigem und Pfleger. Alle Tätigkeiten, die mit einem Abstand zwischen Pflegerin und Pflegebedürftigen vorgenommen werden können, sollten auch mit möglichst großem Abstand voneinander durchgeführt werden.

Ein gutes Durchlüften der Räume, während der Pflegedienst da ist, hilft ebenso, eine Infektionsgefahr zu verringern. Darüber hinaus sollten alle Anwesenden die Nies- und Hustenetikette beachten: In den Ärmel husten und beim Niesen ein Papiertaschentuch benutzen und dieses anschließend entsorgen.

Ab wann sollte ich erwägen, den Pflegedienst während Corona nicht mehr kommen zu lassen?

Es mag für betroffene Familien sehr individuell irgendwann der Zeitpunkt erreicht sein, an dem es sich nicht mehr sicher anfühlt, dass ein Pflegedienst von Außen kommt und die Pflege übernimmt. Je höher das Risiko des Pflegebedürftigen für einen schweren Verlauf einer Covid-19-Infektion ist, desto früher mag dieses Gefühl auftreten.

Die Entscheidung den Pflegedienst in Zeiten von Corona abzubestellen, sollte allerdings wohlüberlegt sein. Denn der Pflegebedürftige muss ja dennoch weiter gepflegt werden. Je nach körperlichen Einschränkungen und Gesundheitszustand kann das für nicht geübte Angehörige eine ziemliche Herausforderung darstellen.

Es könnte daher sinnvoll sein, die Pflegerin bei ihrer Pflegeroutine zu beobachten und sich sämtliche Schritte genau erklären zu lassen. Dadurch können Sie besser abschätzen, ob sie die Pflege vom Zeitaufwand und mit derselben Qualität überhaupt alleine durchführen können. Darüber hinaus muss die Pflege mit ihren sonstigen Verpflichtungen zu vereinbaren sein. 

Der Mitarbeiter des Pflegedienstes oder Ihr Pflegeberater kann Ihnen alle Fragen für eine zeitweise komplette Übernahme der Pflege durch Sie beantworten.

Kann ich verlangen, dass der Pflegedienstmitarbeiter die Anzahl seiner Patienten begrenzt?

Ein zusätzlicher Risikofaktor für die Pflege durch ambulante Pflegedienste liegt darin, dass jede Mitarbeiterin meist mehrere Pflegebedürftige betreut. Sie können sich zwar nach den Lebensumständen des Mitarbeiters erkundigen und so dessen Risiko abschätzen. Weitgehend verborgen bleiben Ihnen aber Informationen über die weiteren Pflegebedürftige und deren Ansteckungsrisiko

Machen Sie sich sehr große Sorgen, dass sich die Pflegerin bei anderen Pflegebedürftigen anstecken könnte, teilen Sie ihr ruhig Ihre Bedenken mit. Vielleicht können Sie gemeinsam eine für Sie erträgliche Lösung finden, ohne dass Sie auf den ambulanten Pflegedienst während Corona komplett verzichten müssen. 

Eine Lösung wäre zum Beispiel, dass Sie die Besuchshäufigkeit und damit das Ansteckungsrisiko durch seltenere Kontakte reduzieren. So könnten Sie etwa die Pflegerin nur noch an den Tagen, an denen Ihr Angehöriger gewaschen werden muss, kommen lassen.

Gibt es Alternativen zum ambulanten Pflegedienst während der Corona Krise?

Je nachdem, welche Tätigkeiten der ambulante Pflegedienst übernommen hat, können Sie auch andere Personen für die Erledigung der Tätigkeiten einspannen. Fragen Sie die Nachbarn oder Freunde. Wenden Sie sich an die Pflegekasse oder Ihre Pflegeberatung.  Diese können Ihnen helfen, andere Personen für die Erledigung verschiedener Aufgaben zu finden. Die Solidarität während der Corona-Krise ist enorm. Viele Nachbarschaftshilfen oder anderer Hilfsorganisationen bieten ihre Hilfe im lokalen Umfeld für jene an, die besonders durch eine Corona-Infektion gefährdet sind.

Gibt es finanzielle Unterstützung, wenn berufstätige Angehörige die Pflege zeitweise übernehmen?

Haben Sie sich entschieden, den ambulanten Pflegedienst zur Sicherheit gar nicht mehr oder weniger häufig kommen zu lassen, gibt es verschiedene Möglichkeiten, wie Sie die Pflege mit einer Berufstätigkeit in Einklang bringen können. Die Bundesregierung hat die Belastung für Pflegebedürftige und deren berufstätige Angehörige in der Corona-Krise erkannt und bereits früh akute Hilfe und Unterstützungsangebote eingerichtet. Auch unabhängig von der Corona-Krise gibt es diese Angebote für pflegende Angehörige, die für die Pflege der Angehörigen im Beruf kürzer treten müssen. 

Nur sind diese während der Pandemie deutlich flexibler:

Ausdehnung der Freistellung

Bisher konnten sich Arbeitnehmer 10 Tage wegen einer akuten Pflegesituation freistellen lassen. Nun wurden die Freistellung auf 20 Arbeitstage ausgedehnt, wenn die akute Pflegesituation wegen der Corona Pandemie auftritt. Zum Beispiel wenn eine Tagespflegeeinrichtung wegen eines Corona-Ausbruchs schließen muss. Hat der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Gehaltsfortzahlung durch den Arbeitgeber, kann er für die Freistellungszeit Pflegeunterstützungsgeld von der Pflegekasse beantragen.

Kurzfristigkeit der Freistellung

Außerdem können pflegende Angehörige von der gesetzlich geregelten Pflegezeit und Familienpflegezeit mit jetzt nur zehn Tagen Vorankündigung Gebrauch machen. Wenn die Betriebsgröße es zulässt, können sich pflegende Angehörige bis zu sechs Monaten komplett oder teilweise freistellen lassen um ihre Angehörigen zu pflegen. Bei der Familienpflegezeit geht das bei einer Arbeitszeit von mindestens 15 Wochenstunden sogar für bis zu zwei Jahre.

Besserer Kündigungsschutz

Für die Freistellung oder Stundenreduzierung erhalten die pflegenden Angehörigen zwar keinen Gehalt, dafür haben sie aber einen Kündigungsschutz und können jederzeit wieder zurückkehren.

Zinslose Darlehen

Kommt es durch den Lohnausfall zu finanziellen Engpässen, können zinslose Darlehen beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) beantragt werden.