ALS – Symptome, Verlauf und Diagnostik
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ALS ist eine schwere neurologische Erkrankung, die die motorischen Nervenzellen betrifft und unheilbar ist. Im Verlauf der Erkrankung kommt es zu einem immer weiteren Funktionsverlust des motorischen Nervensystems bis hin zu vollständigen Lähmungen der gesamten Skelettmuskulatur.
In Deutschland betrifft die Erkrankung ungefähr 6.000 bis 8.000 Menschen. Meist erkranken Menschen ab dem 6. Lebensjahrzehnt.
Obwohl die Erkrankung nicht heilbar ist, spielt eine adäquate Therapie zur Linderung der Beschwerden eine wichtige Rolle.
Dieser Artikel soll Ihnen und Ihren Angehörigen einen ersten Überblick über die Erkrankung, deren Prognose und Behandlungsmöglichkeiten geben.
Die ALS Krankheit
ALS, auch Amyotrophe Lateralsklerose genannt, ist eine schwere und unheilbare neurologische Erkrankung.
In Deutschland erhalten jedes Jahr rund 2.000 Menschen die Diagnose einer ALS Krankheit. Insgesamt gibt es 6.000 bis 8.000 Betroffene. Das Erkrankungsalter liegt meist zwischen dem 6. und 8. Lebensjahrzehnt, wobei aber auch jüngere Menschen von der Krankheit ALS betroffen sein können.
Die ALS Erkrankung zeichnet sich durch einen Funktionsverlust (Degeneration) der motorischen Nervenzellen (Motoneuronen) aus. Dabei sind sowohl das 1. als auch das 2. Motoneuron betroffen, was zu unterschiedlichen Symptomen führt.
Im Verlauf der Motoneuronenerkrankung stellen diese immer weiter ihre Funktion ein, bis es letztlich zu einer kompletten Lähmung der Skelettmuskulatur kommen kann.
Das sensorische Nervensystem ist bei der Lateralsklerose nicht betroffen, sodass ALS Patient:innen weiterhin ihre Sinne nutzen können. Sehen, Riechen, Schmecken, Hören sowie der Gleichgewichtssinn und die Körperwahrnehmung sind also unbeeinträchtigt.
ALS – Symptome
Die ALS Symptome sind auf die Degeneration des 1. und 2. Motoneurons, die für die Ansteuerung der Muskeln zuständig sind, zurückzuführen. Die Symptome der ALS zeigen sich somit in erster Linie durch Veränderungen der muskulären Funktionen.
Eine Schädigung des 1. Motoneurons führt dabei typischerweise zu spastischen Muskellähmungen sowie gesteigerten Reflexen (Hyperreflexie). Ist das 2. Motoneuron geschädigt, kommt es hingegen zu schlaffen Paresen, Muskelschwund, Muskelzuckungen und abgeschwächten Reflexen.
Die ersten Symptome sind meist nur leicht ausgeprägt und unspezifisch. Dies erschwert zunächst häufig die Diagnose zu Beginn der Erkrankung.
ALS Frühsymptome könnten folgende sein:
- Muskelschwund (Atrophie der Muskulatur)
- Muskelkrämpfe
- Zuckungen der Muskulatur (Faszikulationen)
- Schluckstörungen mit verstärkten Speichelansammlung
- Probleme beim Sprechen
Im Verlauf der Erkrankung verstärken sich die Symptome und werden durch weitere Beschwerden ergänzt. Dazu gehören unter anderem:
- Schlaffe und spastische Lähmungen der Muskulatur
- Gewichtsverlust
- Leichte kognitive Störungen
- Lähmung der Atmung mit Ateminsuffizienz und folgenden Beschwerden:
- Kopfschmerzen
- Atemnot
- Müdigkeit und Konzentrationsprobleme
- Infektanfälligkeit der Atemwege
Meist versterben Betroffene an den Folgen der progredienten Ateminsuffizienz.
Bemerken Sie bei sich oder Ihren Angehörigen eines der oben genannten Symptome, zögern Sie nicht jederzeit Ihre:n behandele:n Ärztin oder Arzt aufzusuchen. Diese:r berät Sie gerne zu den möglichen diagnostischen Schritten.
In unserem Übersichtsartikel „Nervenkrankheiten – Arten, Ursachen, Symptome & Therapie“ können Sie sich zu den gängigen Nervenerkrankungen informieren.
ALS – Ursachen
In ungefähr 95 Prozent der Fälle ist die Ursache der Amyotrophen Lateralsklerose unklar. Man geht hierbei von einer multifaktoriellen Genese aus, bei der neben genetischen Ursachen auch Umwelteinflüsse eine Rolle spielen. Diese Form der ALS wird als sporadische ALS bezeichnet.
In fünf bis zehn Prozent der Fälle liegt eine familiäre Form als ALS Ursache vor. Von einer familiären ALS spricht man, wenn mindestens zwei Familienmitglieder von der neurologischen Erkrankung betroffen sind. Ursächlich hierfür sind bestimmte Genmutationen, welche zur Degeneration der motorischen Nervenzellen führen.
ALS – Diagnose
Die Diagnose ALS kann gestellt werden, wenn eine Schädigung des 1. und 2. Motoneurons nachweisbar ist. Diese kann aus der Kombination der Befunde aus dem Anamnesegespräch, einer ausführlichen körperlichen und neurologischen Untersuchung sowie einer elektrophysiologischen Diagnostik erfasst werden.
In einem ersten Anamnesegespräch wird Ihr:e behandelnde:r Ärztin oder Arzt sich zunächst nach Ihren aktuellen Beschwerden und beobachteten Veränderungen erkundigen.
Anschließend wird eine allgemein körperliche (internistische) und neurologische Untersuchung durchgeführt werden. Die neurologische Untersuchung umfasst dabei vor allem eine ausführliche Prüfung der motorischen und sensiblen Funktionen, der Reflexe sowie der Koordination und des Gleichgewichts.
Ihr:e behandelnde:r Arzt oder Ärztin wird zudem die Nervenleitgeschwindigkeit sowie die elektrische Aktivität der Muskeln messen wollen. Hierfür wird eine elektrophysiologische Untersuchung durchgeführt, welche eine Elektroneurograhie (ENG) zur Messung der Nervenleitgeschwindigkeit und eine Elektromyographie (EMG) zur Erfassung der elektrischen Muskelaktivität, umfasst. Bei Letzterer zeigen sich bei einer ALS Erkrankung Veränderungen durch die Schädigung der Motoneuronen auf.
Zum Ausschluss anderer Erkrankungen und Sicherung der Diagnose sind zudem je nach Beschwerden eine Reihe weiterer Untersuchungen notwendig.
Die ALS Diagnostik kann sich somit aus folgenden Untersuchungen zusammensetzen:
- Anamnese
- Internistische und neurologische Untersuchung
- Elektrophysiologische Untersuchung (ENG und EMG)
- Labordiagnostik
- MRT des Kopfes und der Wirbelsäule
- Liquordiagnostik
- Muskelbiopsie
Bei Verdacht auf eine familiäre Form der Amyotrophen Lateralsklerose kann zudem eine genetische Diagnostik empfohlen werden. Dies ist in der Regel bei jungen Patient:innen mit einem schwerem Verlauf der Amyotrophen Lateralsklerose indiziert.
Ihr:e betreuende:r Ärztin oder Arzt wird Sie und Ihre:n Angehörige:n über die notwendige Diagnostik und Ergebnisse ausführlich beraten und bezüglich der Therapie und Prognose aufklären. Zögern Sie nicht sich bei Fragen oder Unklarheiten jederzeit vertrauensvoll an Ihre:n Arzt oder Ärztin zu wenden.
ALS – Therapie
Die Amyotrophe Lateralsklerose ist eine unheilbare Erkrankung, sodass eine ursächliche ALS Behandlung leider nicht möglich ist. Trotzdem können durch eine adäquate ALS Therapie die Symptome von Betroffenen gelindert und die Lebensqualität damit erhöht werden. Dies wird auch als symptomatische Therapie bezeichnet.
Symptomatische Therapie
- Muskelschwund (Atrophie der Muskulatur)
- Muskelkrämpfe
- Zuckungen der Muskulatur (Faszikulationen)
- Schluckstörungen mit verstärkten Speichelansammlung
- Probleme beim Sprechen
In vielen Fällen führt eine sich immer weiter verschlechternde Ateminsuffizienz zum Tod der Betroffenen. Aufgrund dessen sollte frühzeitig mit den Betroffenen und deren Angehörigen über die Möglichkeit, Prognosen und Risiken einer nicht-invasiven oder invasiven Beatmung oder auch Ablehnung dieser gesprochen werden.
Medikamentöse Behandlung
Zur symptomatischen Behandlung können unterstützend verschiedene Medikamente eingesetzt werden. Dazu gehören folgende Medikamentengruppen:
- Therapie der ausgeprägten Speichelansammlung mit anticholinergen Medikamenten
- Magnesiumeinnahme zur Reduktion der Muskelkrämpfe und Muskelzitterns
- Reduktion der Spastik mit Baclofen
- Protonenpumpenhemmer bei Refluxbeschwerden
- Antidepressiva bei Depressionen
- Medikamente zur Schmerzreduktion
- Thromboseprophylaxe zur Risikoreduktion bei eingeschränkter Mobilität
- Morphin bei starker Atemnot
Zudem gibt es ein ALS Medikament, Riluzol genannt, welches die Überlebenszeit von Betroffenen verlängern kann. Der zugrundeliegende Wirkmechanismus ist noch weitgehend unbekannt. Es konnten jedoch lebensverlängernde Effekte bei ALS Patient:innen in verschiedenen Studien nachgewiesen werden.
ALS – Lebenserwartung
Bei der Amyotrophen Lateralsklerose handelt es sich um eine sehr schwere neurologische Erkrankung, die nicht heilbar ist. Aufgrund der Degeneration des kompletten motorischen Nervensystems ist die ALS Prognose meist schlecht. Bei der Amyotrophen Lateralsklerose ist die Lebenserwartung somit deutlich reduziert. Betroffene leben nach der Diagnosestellung im Durchschnitt nur noch zwei bis fünf Jahre. In den meisten Fällen geht das ALS Endstadium mit einer progredienten Ateminsuffizienz einher, die letztlich zum Tod führt.
In einigen wenigen Fällen ist jedoch auch eine deutlich längere Überlebenszeit möglich. Ein bekanntes Beispiel ist der Physiker Stephen Hawking, der 50 Jahre mit der Erkrankung lebte.
Quellen:
Amboss: Amyotrophe Lateralsklerose
Deutsche Gesellschaft für Muskelkranke e.V.: Amyotrophe Lateralsklerose
Deutsche Gesellschaft für Neurologie: Die zehn häufigsten neurologischen Erkrankungen
Masuhr, K. F., Masuhr, F., & Neumann, M. (2013). Duale Reihe Neurologie. Georg Thieme Verlag.
Thieme, F. (2018). Wie verlängert Riluzol das Leben von ALS-Patienten?. Fortschr Neurol Psychiatr, 86, 609.
Wissen in der Box: ALS
ALS ist eine unheilbare neurologische Erkrankung, die zu einer Degeneration der motorischen Nervenzellen (Motoneuronen) führt.
Amyotrophe Lateralsklerose zeigt sich durch Muskelschwund, -zuckungen sowie -krämpfe. Im Verlauf kommt es zu spastischen und schlaffen Lähmungen der gesamten Muskulatur mit Ateminsuffizienz.
Die meisten Betroffenen erkranken zwischen dem 6. und 8. Lebensjahrzehnt an einer ALS. Es können aber auch jüngere Menschen betroffen sein.
Die Erkrankung wird symptomatisch behandelt. Zum Einsatz kommen neben Physio- und Ergotherapie und der Anwendung von Hilfsmitteln auch Medikamente.
In ungefähr 95 Prozent ist die genaue Ursache der Erkrankung unklar. Fünf bis zehn Prozent der Fälle gehen auf eine familiäre Form mit genetischen Ursachen zurück.
Bei der Amyotrophen Lateralsklerose handelt es sich um eine schwere und unheilbare Erkrankung. Die Symptome von Betroffenen können jedoch gelindert und somit die Lebensqualität verbessert werden.
Eine ALS wird über eine Anamnese, körperliche, neurologische und elektrophysiologische Untersuchung sowie weitere Bildgebung und Laboruntersuchungen gestellt.
Die Amyotrophe Lateralsklerose ist eine schwere Erkrankung mit einer schlechten Prognose. In den meisten Fällen versterben die Betroffenen innerhalb von zwei bis fünf Jahren nach der Diagnose.