Medizinredakteur
Fibrodysplasia Ossificans Progressiva (FOP) ist eine sehr seltene Krankheit, bei der Bindegewebe und Muskulatur verknöchern. Die Ursache ist ein Gendefekt. Die Verknöcherungen führen im Krankheitsverlauf zu Bewegungseinschränkungen, starken Behinderungen und Pflegebedürftigkeit. Eine Heilung gibt es nicht. Die Therapie verbessert die Lebensqualität und verzögert den Krankheitsverlauf.
Die Fibrodysplasia ossificans progressiva ist eine der seltensten bekannten Erkrankungen. Durch einen Gendefekt verknöchern im Laufe des Lebens Muskulatur und Bindegewebe.
Menschen mit Fibrodysplasia ossificans progressiva haben einen Gendefekt. Deshalb verknöchern ihr Bindegewebe und ihre Muskulatur im Laufe des Lebens. Die Verknöcherungen werden durch (auch kleinste) Verletzungen ausgelöst. Typisch sind auch Fehlbildungen der Großzehe, beispielsweise ein Hallux valgus.
Man schätzt, dass einer von 2 Millionen Menschen von der FOP betroffen ist. Bestätigt sind etwa 800 Fälle weltweit. Die Erkrankung gilt als eine der seltensten bekannten Krankheiten.
Die FOP wurde das erste Mal 1692 von dem französischen Arzt Guy Patin beschrieben. Den Namen FOP hat die Erkrankung 1970 erhalten.
Die durchschnittliche Lebenserwartung beträgt 56 Jahre. Viele Betroffene sterben, weil die Atmung nicht mehr richtig funktioniert. Wenn die Atemmuskulatur im Brustkorb verknöchert, kann sich die Lunge nicht mehr richtig ausdehnen.
Die FOP entsteht durch einen Gendefekt. Sie ist angeboren, aber meistens nicht vererbt. Der Gendefekt führt zu einer überschießenden Knochenbildung nach kleinen Verletzungen.
Die FOP entsteht durch einen Defekt in einem Gen, das die Knochenbildung mitsteuert. Durch den Defekt ist ein Gen aktiv, das bei Gesunden abgeschaltet ist. Das führt dazu, dass Bindegewebszellen (Fibrozyten) bei kleinen Verletzungen Knochengewebe statt Narbengewebe bilden. Dadurch verknöchern nach und nach Muskeln und Bindegewebe.
Der Gendefekt und die Erkrankung sind vererbbar. Betroffene bekommen allerdings in den seltensten Fällen Kinder, so das betroffene Kinder mit FOP meistens gesunde Eltern haben. Die Erkrankung entsteht dann durch eine Neumutation (auch: Spontanmutation) im betroffenem Kind. Man kann also auch sagen, dass FOP zufällig entsteht.
Die Erkrankung wird durch einen Gendefekt ausgelöst und ist damit angeboren.
Die Erkrankung wird autosomal dominant vererbt. Das bedeutet, dass der Gendefekt auf einem nicht-Geschlechtschromosomen liegt. Die Erkrankung tritt bereits auf, wenn nur eines von beiden Genen verändert ist.
Jeder Elternteil gibt ein Chromosom von einem Chromosomenpaar an das Kind weiter. Ein erkrankter Elternteil kann somit das gesunde oder das kranke Gen weitergeben. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kind eines Betroffenen FOP bekommt, liegt damit bei 50 %.
Praktisch bekommen Betroffene allerdings fast nie Kinder. Die FOP wird somit auch kaum vererbt. Bei den meisten Erkrankten ist die Mutation neu aufgetreten und wurde nicht vererbt.
Das Bindegewebe wird von Bindegewebszellen gebildet und gestützt. Diese Zellen heißen Fibrozyten. Wenn man sich verletzt, bilden die Fibrozyten neues Gewebe. Ein Beispiel: Eine Person reißt sich das Außenband am Sprunggelenk. Dann bilden die Fibrozyten im Außenband neues Bindegewebe: Der Riss vernarbt. Bei Menschen mit FOP bilden die Fibrozyten statt neuem Bindegewebe Knochen. Die Fibrozyten bilden neues Gewebe nicht nur bei großen Verletzungen wie Bänderrissen, sondern auch bei kleinsten Verletzungen wie Nadelstichen in den Muskel oder durch kleine Verletzungen, die man gar nicht bemerkt. Deshalb verknöchern mit der Zeit große Teile des Körpers.
Nein, die Erkrankung ist angeboren und fällt schon in der Kindheit auf.
Nein, die Erkrankung ist nicht ansteckend. Die FOP entsteht durch einen Gendefekt und ist von Geburt an „da“.
Fast immer sind bereits bei der Geburt die Großzehen verformt. Häufig ist ein Hallux valgus: Dann ist der lange Mittelfußknochen der Großzehe in die Richtung des anderen Fußes verschoben. Die Großzehe neigt sich hingegen nach außen zu den anderen Zehen des Fußes: Der Zeh ist „krumm“. Es kann aber auch sein, dass die Großzehe verkürzt ist oder andere Fehlbildungen vorliegen. Bei manchen Betroffenen ist auch der Daumen verkürzt.
Fußfehlbildungen treten allerdings auch bei vielen anderen Erkrankungen oder „einfach so“ auf. Ein Kind mit einer krummen Großzehe muss keine FOP haben. Die Verkrümmung kann aber ein erster Hinweis auf eine FOP sein.
Innere Organe sind nicht direkt betroffen. Das Herz ist zwar ein großer Muskel, verknöchert aber nicht. Ein Problem ist allerdings die Lunge: Wenn die Atemmuskulatur verknöchert, beispielsweise zwischen den Rippen, dann kann sich der Brustkorb beim Einatmen nicht mehr richtig ausdehnen. Dadurch kann sich dann auch die Lunge beim Einatmen nicht mehr gut entfalten.
Erste Anzeichen sind verformte Großzehen und Daumen. Häufig sind auch die Halswirbel verformt. Die Kinder fallen dann dadurch auf, dass sie ihren Hals nicht normal bewegen können.
Wirklich typisch für die Erkrankung sind schmerzhafte „Beulen“ („Flare-Ups“) nach kleinen Verletzungen oder manchmal auch ohne (bemerkte) Verletzung. Das Gewebe schwillt deutlich an, dazu können ein Wärmegefühl, Schmerzen, Steifheit und Bewegungseinschränkungen kommen. Danach verknöchert das Bindegewebe der betroffenen Region.
Die Verknöcherungen beginnen meistens im oberen Teil des Körpers und breiten sich im Laufe des Lebens nach unten aus. Zuerst sind der Kopf- und Halsbereich sowie die Schultern betroffen, später dann auch die Arme, Rumpf, Hüfte und Beine. Die Verknöcherungen treten bei manchen Erkrankten schubweise auf.
Durch die Verknöcherungen versteifen die Gelenke, bei vielen verkrümmt sich auch die Wirbelsäule (Skoliose). Dadurch können viele Betroffene bereits nach den ersten zehn Lebensjahren einige Gelenke nicht mehr richtig bewegen. Die Behinderungen nehmen im Krankheitsverlauf zu, so dass ein Rollstuhl notwendig wird.
Später verknöchert die Atemmuskulatur zwischen den Rippen. Betroffene können den Brustkorb dann nicht mehr richtig ausdehnen, das Atmen fällt schwer. Die eingeschränkte Atmung fördert Lungenentzündungen, weil sich Krankheitserreger besser in der Lunge festsetzen.
Auch das Kiefergelenk kann verknöchern. Das kann dazu führen, dass Betroffene zunehmend Probleme beim Essen bekommen. Das selbstständige Essen kann dadurch schwierig bis unmöglich werden.
Viele Betroffene sind auch schwerhörig, vermutlich weil das Mittelohr verknöchert.
Die meisten FOP-Patienten haben Fehlbildungen an der Großzehe. Die Zehe kann kürzer sein als normal. Andere Patienten haben einen Hallux valgus, also eine krumme Großzehe.
Flare-Ups sind eine ungewöhnlich starke Schwellung in einer Körperregion, die oft nach einer Verletzung, manchmal aber auch ohne merkbare Verletzung auftreten. Zusätzlich zur Schwellung ist die Region häufig schmerzhaft. Sie kann sich auch warm oder steif anfühlen und weniger beweglich sein. Die Beschwerden sind dabei deutlich stärker als nach einer Verletzung „normal“ wäre. Aus der Schwellung bildet sich zuerst Knorpel, dann Knochen. Flare-Ups sind typisch für die FOP.
Das Herz ist nicht von den Verknöcherungen betroffen, obwohl das Herz ein großer Muskel ist.
Nein, die FOP betrifft nicht das Gehirn.
Nein. Medizinisch unterscheidet man folgende Typen von Muskulatur:
Von der FOP betroffen ist nur die Skelettmuskulatur.
Ja, die Krankheit verursacht Schmerzen. So sind die Schwellungen, die nach Verletzungen entstehen, häufig schmerzhaft. Schmerz entsteht aber auch in Gelenken und Muskeln, die nicht mehr gut bewegt werden können. Eine weitere Schmerzursache sind Nerven, die durch Verknöcherungen eingeengt werden.
Der Verdacht auf eine FOP entsteht durch das Erscheinungsbild. Verformte Großzehen und Daumen nach der Geburt geben einen ersten Hinweis auf die FOP beim Neugeborenen. Im ersten Lebensjahr kann den Eltern auffallen, dass das Baby im Halsbereich weniger beweglich ist als andere Kinder. Im Kinderalter kommen dann schmerzhafte Schwellungen („Flare-Ups“) und Verknöcherungen hinzu. Die Flare-Ups sind typisch für FOP. Die Verknöcherungen können Ärzte auch im Röntgenbild sehen. Eine sichere Diagnose der FOP erfolgt dann über einen Gentest.
Leider dauert es oft lange, bis die Erkrankung entdeckt wird. So liegen zwischen dem Auftreten der ersten Symptome und der Diagnose oft etwa 1,5 Jahre. Oft wird zuerst eine andere Erkrankung vermutet. Das liegt daran, dass die Erkrankung sehr selten ist und Symptome auch bei anderen Erkrankungen vorkommen.
Die Erkrankung ist nicht heilbar und schreitet fort. Wenn es Eltern gelingt, Verletzungen des Kindes zu vermeiden, entwickelt sich die Erkrankung langsamer. Durch eine frühe Diagnose können Eltern und Kind das Verhalten anpassen.
Wenn der Verdacht auf eine FOP besteht, müssen unbedingt alle Eingriffe in den Körper sowie Verletzungen vermieden werden. Das bedeutet beispielsweise, dass das Kind keine Spritzen bekommen darf. Impfungen müssen deshalb verschoben werden, bis eine FOP bestätigt oder ausgeschlossen ist. Auch Operationen sind bis zur Diagnose tabu.
Die Behandlung erfolgt durch eine umfassende medizinische, aber auch soziale Betreuung. Dabei sollte ein Arzt die Behandlung koordinieren, der Erfahrung mit FOP hat.
Die FOP selbst kann nicht geheilt werden. Es gibt aber verschiedene Medikamente, um die Symptome zu lindern. Ein weiteres Ziel ist, die Beweglichkeit zu verbessern, beispielsweise durch Physiotherapie.
Ganz wichtig ist auch eine Anpassung des Verhaltens: Wenn Betroffene Verletzungen vermeiden, dann verzögert sich das Ausbreiten der Erkrankung. Auch medizinische Maßnahmen wie Impfungen, die mit kleinen Verletzungen einhergehen, müssen mit dem Behandlungsteam abgesprochen werden.
Mehr lesen: „Verlauf von FOP“
Die Erkrankung ist nicht heilbar. Es gibt kein Medikament, das die Genveränderung „repariert“ oder das die Verknöcherung stoppen kann.
Die Verknöcherungen breiten sich bei der FOP im Laufe des Lebens aus. Das führt zunehmend zu Bewegungseinschränkungen, Behinderungen und zum früheren Tod.
Lese-Tipp!
Lesen Sie mehr über den Verlauf und die Behandlung von FOP in unserem Ratgeber:
Die FOP ist eine schwere Erkrankung, die mit Behinderung einhergeht. Dennoch kann viel getan werden, damit die Erkrankung langsamer fortschreitet.
Lese-Tipp!
Was kann man bei FOP tun, um die Lebensqualität zu verbessern?
-> Lesen Sie mehr dazu in unserem Ratgeber: Leben mit FOP
Die Erkrankung heißt auch auf Deutsch „Fibrodysplasia Ossificans Progressiva“. Ein alter Begriff ist das „Münchmeyer-Syndrom“. Der deutsche Arzt Ernst Münchmeyer hat die FOP 1869 beschrieben.
Mehr lesen: FOP - Definition & Daten
Das Immunsystem ist bei der FOP nicht betroffen. Die FOP ist eine genetische Erkrankung, bei der Bindegewebe und Muskulatur zunehmend verknöchern.
Die FOP ist eine komplizierte und schwere Krankheit.
Ja, es gibt „atypische“(=nicht typische) Arten der Erkrankung. Dann sind noch weitere Gene verändert. Dann treten noch weitere Symptome hinzu wie eine aplastische Anämie, ein Grüner Star bereits in der Kindheit oder ein vermindertes Körperwachstum.
https://www.springermedizin.de/fibrodysplasia-ossificans-progressiva/seltene-erkrankungen/empfehlungen-zur-versorgung-von-patient-innen-mit-fop/25948254
https://www.fop-ev.de/was-ist-fop
https://www.ifopa.org/
https://www.orpha.net/de/disease/detail/337
https://next.amboss.com/de/article/LQ0w9f?q=fibrodysplasia%20ossificans%20progressiva#Zafdf64cac78032f2c32fd85d029751a9
https://rarediseases.org/rare-diseases/fibrodysplasia-ossificans-progressiva/
Hinweise & Fußnoten:
*Die Bereitstellung von Pflegehilfsmitteln zum Verbrauch erfolgt unter der Voraussetzung eines entsprechenden Bedarfs und der Notwendigkeit im Einzelfall. Die Beurteilung des individuellen Bedarfs und der Notwendigkeit erfolgt durch die Pflegekasse gemäß den gesetzlichen Bestimmungen (§ 40 Abs. 2 SGB XI). Ein Anspruch besteht nur, wenn die Voraussetzungen hierfür erfüllt sind.
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