Erzähl mal, wie ist es in der Pflege zu arbeiten?

Wir haben mal nachgefragt und eine Schülerin der Gesundheits- und Krankenpflege hat geplaudert. Sie hat uns einen sehr offenen Einblick über ihre Ausbildung in der Pflege gegeben! Erzählt von bewegenden Momenten, von Problemen in der Praxis und von ihren Zielen und Wünschen nach der Ausbildung!

Mein Name ist Jenny und ich bin 20 Jahre alt. Ich befinde mich im zweiten Lehrjahr meiner Ausbildung als Gesundheits- und Krankenpflegerin im dualen Zweig. Das bedeutet ich studiere gleichzeitig noch Therapie- und Pflegewissenschaften. In meiner Freizeit arbeite ich ehrenamtlich im Rettungsdienst und Bevölkerungsschutz bei der Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. in Dortmund und treibe zum Ausgleich dazu viel Sport.

Je mehr mir davon abgeraten worden ist die Ausbildung zu machen, desto größer wurde mein Interesse und das Bedürfnis, die Menschen die mir davon abraten vom Gegenteil zu überzeugen.

Interview mit Jenni

Warum ist es ausgerechnet die Gesundheits- und Krankenpflege geworden?

Ich wollte wie viele in diesem Beruf nach dem Abitur studieren. Allerdings habe ich nicht direkt einen Studienplatz bekommen und mich dann für eine Ausbildung in der Krankenpflege entschieden. Dabei wurde mir schnell klar, dass es ein Beruf mit Zukunft ist und dass ich definitiv nichts Anderes mehr machen möchte.

Hattest du bei der Entscheidung bestimmte Erwartungen?

Meine Erwartung war eine sehr gute Vermittlung der Lehrinhalte. Schließlich wollte ich die Theorie in der Praxis mit einer gewissen Sicherheit anzuwenden, um die bestmögliche Patientenversorgung sicherstellen zu können. Außerdem war mir vor vorab klar, dass ich sowohl physisch, als auch psychisch an meine Grenzen kommen werde. Nichtsdestotrotz hat es mich nicht davon abgehalten die Ausbildung anzutreten.

Es gibt ja ein bestimmtes Bild über den Gesundheitssektor in der Öffentlichkeit. Hat dich dieses bei deiner Berufswahl beeinflusst?

Absolut! Es gab Momente in denen mir aktiv davon abgeraten wurde eine Ausbildung in der Krankenpflege zu machen. Natürlich wurde ich diesbezüglich mit den (leider) klassischen Klischees konfrontiert: „Eine Pflegekraft verdient doch nichts”, oder “Mit deinem Abschluss kannst du in besseren Berufen arbeiten, als in der Pflege.”. Da hat keiner so wirklich ein Blatt vor den Mund genommen oder dem Beruf eine Chance gegeben. Aber ich muss sagen, je mehr mir davon abgeraten worden ist die Ausbildung zu machen, desto größer wurde mein Interesse und das Bedürfnis, die Menschen, die mir davon abrieten, vom Gegenteil zu überzeugen.

Was genau gefällt dir in diesem Feld besonders?

In der Krankenpflege zu arbeiten kann sehr erfüllend sein. Ich trage als Pflegekraft dazu bei Patienten zur bestmöglichen Gesundheit zu verhelfen und lernt den menschlichen Körper sehr gut kennen. Das geht mit einer großen Verantwortung einher.  Hinzukommt, dass es gar nicht verkehrt ist Kontakte zu einem guten Krankenhaus zu haben.

Wie sieht denn ein typischer Arbeitstag für dich aus?

Zum Frühdienst muss ich gegen 4:30 Uhr aufstehen, um 6:00 Uhr den Dienst anzutreten. In der Regel erfolgt als erstes eine Übergabe, in der alle Pflegekräfte auf den neuesten Stand gebracht werden. Bevorstehende OPs und Untersuchungen eines Patienten, Besonderheiten wie Allergien oder Krankheitsverläufe – sowohl positiv als auch negativ. Besondere ärztliche oder pflegerische Maßnahmen – Einfach alles, was für die folgende Schicht wichtig ist. Danach werden die Stationen aufgeteilt, da jeder seinen eigenen Bereich hat für den er zuständig ist. Anschließend werden die ersten Parameter gemessen, das heißt Puls, Blutdruck, Temperatur und Schmerzen. Parallel dazu werden die Patienten von anderen Pflegekräften bei der Körperpflege unterstützt. Gegen 8:00 Uhr wird dann das Frühstück verteilt, oder vorbereitet und, sofern nötig, Patienten beim Frühstück unterstützt. Gegen Mittag stehen weitere Pflegemaßnahmen an. Dazu gehören z.B. Sonden legen, Infusionen anhängen und vorbereiten, den Patienten zur Prophylaxe lagern. Natürlich klingeln auch viele Patienten, wenn sie etwas benötigen. Darum müssen wir uns genauso kümmern, wie um die Sicherung der Hygiene und vieles Mehr, was den Rahmen hier sprengen würde. Wichtig zu sagen ist, dass die Maßnahmen die getroffen werden immer vom Patienten und dessen pflegerisches Bedürfnis bzw. Krankheit abhängig ist.

Darauf folgt das Mittagessen: ggf. ist es nötig vorher den Blutzucker und erneut die Vitalparameter zu messen. Bei Auffälligkeiten wird der Arzt informiert und es wird interveniert. Über den Tag verteilt und auch nachdem die letzten Vitalparameter erhoben worden sind, wird dokumentiert. Das stellt mittlerweile eine zentrale Aufgabe dar. Gegen 13:30 ist dann der Schichtwechsel, bei dem der Spätdienst ebenfalls eine Übergabe bekommt und gegen 14 Uhr ist dann Feierabend. Die Abläufe im Spät- und Nachtdienst sind im Vergleich zum Frühdienst nahezu identisch.

Gibt es im Allgemeinen Situationen in der Praxis, auf die du in der Theorie nicht genug oder gar nicht vorbereitet wirst?

Sagen wir mal so: Das theoretische Grundwissen erhalten wir zwar für die Praxis, dennoch muss man sich viel eigenständig erarbeiten, da es sich bei der Ausbildung um Erwachsenenbildung handelt. Es ist in der Praxis alles zu sehen, was ich in der Schule gelernt und behandelt habe. Leider kommt es oft dazu, dass man auf Station nicht sehr viel beigebracht bekommt, weil die Stationen oftmals unterbesetzt sind.

Gab es in deiner Ausbildung bisher einen Moment, der dich besonders berührt hat?

Also ich muss sagen, mein erster Einsatz in der Ausbildung war in der Diabetologie. Ich wusste bereits von Kollegen, dass dieser Einsatz vom Arbeitsaufkommen anstrengend wird. Es kam allerdings noch schlimmer als erwartet: Ich wurde so mit Eindrücken überladen, dass man diese kaum verarbeiten konnte. Das Team war super lieb, sie haben mich herzlich aufgenommen und haben meinen vollsten Respekt. Dadurch, dass der Großteil der Patienten an Diabetes erkrankt ist oder an DFS (Diabetisches Fußsyndrom) ist der Tagesablauf da sehr strikt vorgegeben und terminiert. Es muss regelmäßig gemessen, die Visite muss vorbereitet werden und unzählige Verbandswechsel, jeden Tag! Das bereitet einen sehr gut für die Ausbildung vor. Aber einen Patienten habe ich nie vergessen. Es war ein älterer Herr der extra aus einer anderen Stadt anreiste, um sich in unserer Klinik behandeln zu lassen. Leider ging es ihm gesundheitlich überhaupt nicht gut und wurde schon als Palliativpatient eingestuft. Wir haben uns sehr gut verstanden. Ich als Schülerin habe immer etwas mehr Zeit als die examinierten Kräfte und diese habe ich mir dann auch genommen, um mich um die Patienten zu kümmern. Am Ende meines Einsatzes ging es ihm immer besser und er konnte dann auf eine neue Station verlegt werden. Eines Tages kam seine Frau auf mich zu und wollte mir einen Präsentkorb mit regionalen Leckereien aus Aachen überreichen, weil sie so glücklich und erleichtert gewesen ist, dass wir uns so gut um ihren Mann gekümmert haben. Ich habe den Korb nicht angenommen, aber die Geste zählt. Das ein oder andere Tränchen ist da auch von meiner Seite aus geflossen.

Wie würdest du jemanden, der eine Ausbildung sucht, deinen Beruf beschreiben bzw. nahebringen?

Der Beruf des Gesundheits- und Krankenpflegers ist unglaublich facettenreich und niemals langweilig. Wenn man in einem Beruf arbeiten möchte der Zukunft hat und einem viele Perspektiven bietet, dann ist die Pflege genau das Richtige! Kein Tag ist wie der nächste. Es gibt immer etwas Neues.

In der Regel ist einem nach der Ausbildung der Arbeitsplatz bereits gesichert und es werden einem oft Weiterbildungsmöglichkeiten eröffnet, die einen dann auch beruflich weiterbringen. Es gibt unglaublich viele Fachrichtungen und Abteilungen. Eins muss ich aber klarstellen: Es ist nicht wie bei „Greys Anatomy“, oder „Schwester Stefanie“. Ich kann es jedem empfehlen, der Freude am Leben und am Umgang mit Menschen hat und etwas Produktives und sehr Dankbares mit seiner Zeit machen möchte.

Musstest du schon einmal in der Praxis beobachten, wie Pflegekräfte nicht fachgerecht mit einem Patienten umgegangen sind? Aus Zeitmangel zum Beispiel?

Bis jetzt blieb mir das zum Glück erspart. Wenn es zeitlich knapp ist, holt man sich einen Kollegen dazu, um solche Situationen zu umgehen. Krankenpflegeschüler sind da eine große Stütze. Trotzdem lässt sich der Umstand des Pflegenotstandes nicht beschönigen. Man ist dem System einfach ausgesetzt. Trotz allem: Die Community und der Wille gegen den Notstand anzukämpfen sind sehr groß, wodurch doch noch Hoffnung besteht etwas verändern zu können.

Welche Eigenschaften sollte ein Gesundheits- und Krankenpfleger in deinen Augen mitbringen?

Eine hohe Arbeitsbereitschaft ist wichtig. Der Beruf eines Krankenpflegers ist nun mal anstrengend und erfordert viel Kraft, sowohl mentale als auch körperliche. Die Motivation und Fröhlichkeit einer Pflegekraft färbt sich auf den Patienten ab, wodurch dieser sich wohler fühlt und seine Beschwerden auch für einen Moment vergessen kann. Zunehmend gewinnen Eigenschaften wie Geduld und Professionalität immer mehr an Bedeutung, weil man auch mit schwierigen und belastenden Situationen umgehen können und dementsprechend handeln muss. Ach und Spaß und Freude sind bei der Arbeit nie verkehrt!

Woran liegt es deiner Meinung nach, dass die Pflege nicht die erste Wahl in der beruflichen Zukunft ist?

Es wird immer mehr über den Zustand innerhalb der Krankenhäuser aufgeklärt. Es geht immer wieder um Themen wie dem Pflegenotstand, schlechten Arbeitsbedingungen und Bezahlung. Das ist natürlich sehr abschreckend. Hinzukommt, dass immer mehr Jugendliche Abitur machen und studieren. Eine Ausbildung ist da oftmals keine Option. Übrigens kann man auch in der Krankenpflege ein duales Studium absolvieren. Mache ich auch und kann es nur empfehlen.

Wo siehst du dich beruflich in 5 Jahren und was genau wünscht du dir für die Pflege?

Ich sehe mich eindeutig in Mosambik. Ich möchte gern als Krankenschwester einen Auslandseinsatz in Afrika machen und dann wieder in der Notausnahme arbeiten. Anschließend möchte ich als Lehrerin für Gesundheitsberufe arbeiten. Mein Wunsch für die Pflege ist ganz klar Veränderung hinsichtlich des Pflegenotstandes und des Gesundheitssystems. Heißt: Bessere Arbeitsbedingungen, bessere Vergütung und familienfreundlichere Arbeitszeitenmodelle.

Ach und grundsätzlich fände ich für mich ein kleines Häuschen klasse!

Wir wünschen Dir für deine persönliche und berufliche Zukunft nur das Beste liebe Jenny!
Vielen Dank für deine offenen Worte zu deiner Ausbildung in der Pflege.

Wer mehr von Jenny wissen möchte, dem können wir ihren Instagram Account pflege_welt sehr ans Herz legen!

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