Schwerbehindertenausweis

Schwerbehindertenausweis – Alles was Sie wissen müssen

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Juliane Liebeskind

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Eine Behinderung schränkt die betroffene Person in ihrer körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheit ein. Etwa zehn Millionen Deutsche leben mit einer Behinderung. Eine Behinderung kann angeboren sein oder im Laufe des Lebens auftreten. Auch einige chronische Erkrankungen können als Behinderung eingestuft werden. Dies gilt ins besondere dann, wenn die Einschränkung mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate anhalten wird. Menschen mit Behinderung haben häufig mit Nachteilen im gesellschaftlichen Leben zu kämpfen. Daher können Betroffene einen Nachteilsausgleich in Anspruch nehmen und einen Schwerbehindertenausweis beantragen. 

Wie ein solcher Antrag gestellt wird und ob dieser für Sie oder eine:n Angehörige:n in Frage kommt, können Sie im folgenden Artikel nachlesen.

Inhalt

Sinn und Zweck des Schwerbehindertenausweises

Ein Schwerbehindertenausweis ist ein Nachweis über das Recht auf Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen. Dieser Ausweis wird vom Versorgungsamt ausgestellt und ist bundesweit gültig. Der Ausweis wird im Scheckkartenformat ausgestellt und kann in mehreren Bundesländern auch online beantragt werden.

Zusätzlich kann das Versorgungsamt auf Wunsch auch eine Bescheinigung für die Nutzung des Ausweises im Ausland ausstellen. Diese Bescheinigung kann in mehreren Sprachen ausgegeben werden und besagt, dass die betroffene Person nach deutschem Recht als schwerbehindert gilt und somit Anspruch auf Nachteilsausgleich hat.

Voraussetzungen für den Ausweis

Um einen Schwerbehindertenausweis zu erhalten, muss zunächst der Grad der Behinderung (GdB) festgestellt werden. Dieser beschreibt den Umfang der Einschränkung in Zehnerschritten von 20 bis 100. Menschen mit einem GdB von 20 gelten als Funktionseingeschränkt. Ab einem GdB von 50 oder mehr gilt die Behinderung als schwer.

So gelten zum Beispiel Diabetes, Migräne und Parkinson aber auch verschiedene Tumorerkrankungen als Schwerbehinderung. Neben physischen Erkrankungen gelten unter bestimmten Umständen auch psychische und seelische Erkrankungen als Schwerbehinderung.

Die Berechnung des GdB basiert auf den „Versorgungsmedizinischen Grundsätzen“. Diese bieten allerdings nur einen Orientierungsrahmen. Der individuelle GdB wird aber in jedem Fall einzeln entschieden.

Von 1953 bis 2001 regelte das sogenannte Schwerbehindertengesetz in Deutschland unter anderem die Feststellung des Grades der Schwerbehinderung. Seitdem regelt das Neunte Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) die Eingliederung und Gleichstellung von Menschen mit Behinderung in Deutschland.

Wenn Sie oder ein:e Angehörige:r pflegebedürftig sind, kann es sein, dass ein Anspruch auf einen Schwerbehindertenausweis besteht. Deshalb sollte für jede:n Pflegebedürftige:n überprüft werden, ob die Voraussetzungen für einen Behindertenausweis erfüllt werden. Dafür ist es ebenso ratsam den Pflegegrad einstufen zu lassen.

Die Merkzeichen auf dem Schwerbehindertenausweis

Zusätzlich zum Grad der Behinderung, können unter bestimmten Voraussetzungen zusätzliche sogenannte Merkzeichen vermerkt werden. Diese zeigen an, welche Auswirkungen die jeweilige Behinderung auf das alltägliche Leben hat. Somit haben Betroffene das Recht auf zusätzliche Nachteilsausgleiche. Die Merkzeichen und deren Bedeutung sind in der folgenden Merkzeichen Tabelle zusammengefasst:

Merkzeichen

Bedeutung

G

Erhebliche Gehbehinderung: Die betroffene Person kann Wegstrecken nicht zu Fuß zurücklegen.

aG

Außergewöhnliche Gehbehinderung: Die betroffene Person kann sich nur mit Hilfe einer weiteren Person fortbewegen oder ist auf einen Rollstuhl angewiesen.

B

Zu ständiger Begleitung berechtigt: Die betroffene Person kann sich im öffentlichen Raum (z.B. öffentlicher Personenverkehr, Museen etc.) nicht ohne Begleitung bewegen.

H

Hilflosigkeit: Die betroffene Person ist auf die Hilfe anderer bei lebensnotwendigen Tätigkeiten (z.B. Essen, Trinken, Medikamenteneinnahme) angewiesen.

RF

Befreiung/Reduzierung von Rundfunkgebühren: Die betroffene Person ist erheblich seh- und/oder hörbehindert. Das Merkzeichen RF erhalten außerdem Menschen, die auf Grund ihres Leidens nicht an öffentlichen Veranstaltungen teilnehmen können.

Bl

Blind: Die betroffene Person ist blind oder erheblich sehbehindert.

Gl

Gehörlos: Die betroffene Person ist gänzlich Taub auf beiden Ohren oder erheblich schwerhörig.

Viele chronische Krankheiten erlauben ebenso ein zusätzliches Merkzeichen im Schwerbehindertenausweis. Für die Vergabe des Merkzeichens G können zum Beispiel Hirnorganische Anfälle oder auch Diabetes mellitus führen. So können auch Menschen mit diesen Erkrankungen vom Nachteilsausgleich des Schwerbehindertenausweises G profitieren. Den Schwerbehindertenausweis B erhalten Menschen mit Seh- oder Hörbehinderung, sowie geistiger Behinderung häufig zusätzlich zu den jeweiligen Merkzeichen.

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Die Vorteile vom Schwerbehindertenausweis

Ein Schwerbehindertenausweis bringt einige allgemeine Vorteile mit sich. Unter anderem haben Menschen mit einer Schwerbehinderung Recht auf:

  • Erhöhten Kündigungsschutz im Arbeits- und Wohnumfeld
  • Steuerliche Vergünstigungen
  • Fünf zusätzliche Urlaubstage pro Jahr
  • Eventuell verfrühte Rente
  • Vergünstigungen bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel, Museen und anderen öffentlichen Einrichtungen

Je nach im Ausweis vermerkten Merkzeichen ergeben sich gegebenenfalls weitere Vorteile bzw. Nachteilsausgleiche:

Merkzeichen

Nachteilsausgleich

G

Kostenlose Beförderung mit öffentlichen Verkehrsmitteln

Alternativ: Reduzierung der Kfz-Steuer um 50 Prozent

aG

Befreiung vom Park- und Halteverbot

Parken auf Behindertenparkplätzen, in Fußgängerzonen und kostenlos an Parkuhren

Zusätzlich: Reduzierung der Kfz-Steuer um 100 Prozent

B

Kostenlose Mitnahme einer Begleitperson in öffentlichen Verkehrsmitteln

Viele Museen und andere öffentliche Einrichtungen erlauben die kostenlose Mitnahme einer Begleitperson

H

Erhöhter Behinderten-Pauschalbetrag bei der Einkommenssteuer

Pflege-Pauschalbetrag auch für pflegende Angehörige

RF

Befreiung oder Reduzierung der Rundfunkgebühren

Bl

Steuervergünstigungen

Reduzierung der Kfz-Steuer um 100 Prozent

Kostenlose Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln

Mitnahme einer Begleitperson

Beförderung eines Blindenhundes

Den Schwerbehindertenausweis beantragen

Wer einen Schwerbehindertenausweis beantragen möchte, muss sich beim Versorgungsamt bzw. der nach Landesrecht zuständigen Behörde melden. Die für Sie zutreffende Adresse können Sie beim Bürgeramt Ihrer Stadt erfragen. In der jeweiligen Behörde muss ein Antrag nach dem Schwerbehindertenrecht gestellt werden.

Vorausgesetzt wird lediglich ein Wohnsitz oder eine Arbeit in Deutschland. Auf der Seite des Versorgungsamtes kann dieser Antrag online ausgefüllt werden. Außerdem kann der Antrag auch ausgedruckt und per Post übermittelt werden. Zusätzlich bietet das Versorgungsamt Hinweise zum Ausfüllen des Formulars. Diese Hinweise sind auch in leichter Sprache verfügbar. Für Menschen mit eingeschränktem Hörvermögen gibt es Videos in Gebärdensprache.

Die Bearbeitungszeit des Antrags eines Schwerbehindertenausweis kann mehrere Wochen dauern. Der Antrag auf Einschätzung des Grades der Behinderung wird auch gestellt, wenn der Schwerbehindertenausweis abläuft und verlängert werden soll. In dem Antrag müssen unter anderem Angaben zu behandelnden Ärzten und Ärztinnen gemacht werden. Zusätzlich müssen die Ärztinnen und Ärzte von der Schweigepflicht entbunden werden, damit sie Angaben zur betroffenen Person geben dürfen. Der Antrag kann ab dem 15. Lebensjahr eigenständig oder unter Vorlage einer Vollmacht von einer anderen Person gestellt werden. Die Ärzt:innen des Versorgungsamtes prüfen den Antrag und entscheiden gegebenenfalls über einen GdB und die zutreffenden Merkzeichen.

Gültigkeitsdauer des Schwerbehindertenausweis

Die Gültigkeit des Schwerbehindertenausweises beläuft sich in der Regel auf maximal fünf Jahre. Wenn eine Veränderung des Gesundheitszustandes nicht zu erwarten ist, ist in Ausnahmefällen auch eine unbegrenzte Gültigkeit des Schwerbehindertenausweises möglich. Da die Bearbeitung des Antrages auf die Einschätzung des GdB einige Wochen in Anspruch nehmen kann, ist es ratsam, sich rechtzeitig um eine Verlängerung des Ausweises zu kümmern.

Hier liegt die Empfehlung bei etwa drei Monaten vor Ablauf der Gültigkeit. Wenn sich der Gesundheitszustand ändert, sind Sie verpflichtet dieses dem Versorgungsamt zu melden. Der Grad der Behinderung und auch die Merkzeichen können dann gegebenenfalls angepasst werden.

Wissen in der Box: Schwerbehindertenausweis

Ein Schwerbehindertenausweis bescheinigt das Recht auf Nachteilsausgleich und wird auf Antrag vom zuständigen Versorgungsamt im Scheckkartenformat ausgestellt.

Der Grad der Behinderung (GdB) muss mindestens bei 50 Punkten liegen und die Beeinträchtigungen müssen mindestens seit sechs Monaten andauern.

Menschen mit nachgewiesener Schwerbehinderung erhalten u.a. erhöhten Kündigungsschutz, Steuervergünstigungen, zusätzliche Urlaubstage, diverse Vergünstigungen sowie je nach Art der Behinderung (Merkzeichen) weitere Vorteile.

Je nach Landesrecht können sich die zuständigen Behörden unterscheiden, in den meisten Fällen ist aber das Versorgungsamt Ihres Wohnorts zuständig.

Der Ausweis ist in der Regel für fünf Jahre gültig. Sie können ihn aber immer wieder verlängern lassen, sofern die Beeinträchtigungen weiterhin vorliegen.