Gebrechlichkeit

Gebrechlichkeit – Ursachen, Symptome und Behandlung

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Finja Berresheim

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Gebrechlichkeit, auch als Frailty bezeichnet, betrifft ungefähr 10 Prozent der Bevölkerung. Meist sind ältere Menschen betroffen. Dabei umfasst dieser Zustand vor allem eine Verminderung der körperlichen und mentalen Leistungsfähigkeit, der durch verschiedene Faktoren bedingt wird.

Diese Krankheit kann leider zu starken Einbußen an der sozialen Teilhabe und auch der eigenen Autonomie führen.

Allerdings gibt es der Gebrechlichkeit vorbeugende Maßnahmen sowie eine vielversprechende Therapie, die dem Fortschreiten des Frailty Syndroms Einhalt gebieten kann. Außerdem kann die Lebensqualität von Betroffenen und Angehörigen durch diese verbessert werden.

Inhalt

Was bedeutet Gebrechlichkeit?

Gebrechlichkeit beschreibt einen Zustand verminderter körperlicher und mentaler Belastbarkeit und Kraft. Betroffene reagieren somit deutlich anfälliger auf Stressfaktoren und haben ein erhöhtes Risiko ihre Selbstständigkeit zu verlieren oder auch zu versterben.

Dies kann durch verschiedene innere und äußere Stressfaktoren ausgelöst werden. Beispielsweise gehören dazu Erkrankungen wie eine Lungenentzündung oder auch andere Belastungen wie Veränderungen im häuslichen oder sozialen Umfeld.

Bereits geringe Stressfaktoren können bei einem Frailty Syndrom den Körper aus dem Gleichgewicht bringen und in der Folge zu einer Einschränkung der Autonomie führen.

Mögliche Stressfaktoren können unteren anderem Folgende sein:

  • Infektionen wie Lungenentzündungen oder Harnwegsinfekte
  • Knochenbrüche wie der Schenkelhalsbruch
  • Krankenhausaufenthalte
  • Veränderungen im sozialen Umfeld

Eine besondere Bedeutung hat die Gebrechlichkeit im Alter und somit in der Altersmedizin (Geriatrie).

Wie macht sich Gebrechlichkeit oder Frailty bemerkbar?

Gebrechlichkeit (Frailty) betrifft vor allem alte Menschen und äußert sich durch verschiedene Anzeichen. Zeigen sich diese Symptome bei Ihnen oder einem Angehörigen, heißt das allerdings nicht zwangsläufig, dass Gebrechlichkeit vorliegt. Sie sollten aber bei Auftreten von neuen Gebrechlichkeit Symptomen einen Arzt konsultieren. Diese Symptome können auch durch andere Krankheiten bedingt sein, sodass eine Abklärung ratsam ist. Gerade, wenn Sie einen Angehörigen mit Gebrechlichkeit pflegen, ist es wichtig, dass diese Diagnose gestellt wurde.

Zu den Symptomen der Gebrechlichkeit zählen unter anderem:

  • Körperliche Schwäche (reduzierte Kraft und Ausdauer)
  • Verlangsamte Ganggeschwindigkeit
  • Verlangsamte Denkabläufe
  • Reduzierte körperliche Aktivität
  • Ungewollte Gewichtsabnahme
  • Sarkopenie
  • Eingeschränkte Organfunktionen

Die reduzierten körperlichen und mentalen Möglichkeiten können zu Einschränkungen der Alltagsfunktionen und der sozialen Teilhabe am Leben führen. In einigen Fällen kann ein Frailty Syndrom so auch zu depressiven Symptomen führen.

Bemerken Sie oder Ihre Angehörigen Symptome einer Depression, zögern Sie nicht Ihre behandelnde Hausärztin darauf anzusprechen.

Ein Frailty Syndrom geht zudem mit einem erhöhten Risiko für Stürze, Erkrankungen, Behinderungen, Krankenhausaufenthalte und Tod einher. Durch die abnehmenden körperlichen Ressourcen kann eine mögliche Folge der Gebrechlichkeit eine Pflegebedürftigkeit sein.

Wie kommt es zu Gebrechlichkeit?

Bei der Entwicklung der Gebrechlichkeit spielen verschiedene Faktoren eine Rolle.

Insgesamt sind ungefähr 10 Prozent der Menschen von einem Frailty Syndrom betroffen.

Der Prozentsatz der Gebrechlichkeit steigt mit dem Alter und betrifft mehr als 25 Prozent der über 90-Jährigen.

Deutlich häufiger sind Frauen von der Gebrechlichkeit betroffen sowie Menschen mit einer schlechten Gesundheitsversorgung und Lebensbedingungen.

Zu den Einflussfaktoren und Risikofaktoren für die Entwicklung eines Frailty Syndroms gehören unter anderem Folgende:

  • Alter und damit verbundene Alterungsprozesse
  • Geschlecht
  • Chronische und akute Erkrankungen
  • Anzahl der Erkrankungen (auch Multimorbidität genannt)
  • Anzahl an einzunehmenden Medikamenten (auch Polypharmazie genannt)
  • Geringe körperliche Aktivität
  • Kognitive Einschränkungen
  • Depression
  • Eingeschränkte soziale Unterstützung

Was ist der Unterschied zur Sarkopenie?

Unter einer Sarkopenie versteht den Verlust von Muskelmasse im Alter. Dieser Prozess ist in einem gewissen Ausmaß physiologisch. Bei der Sarkopenie ist der Prozess des Muskelabbaus jedoch beschleunigt, sodass es zu erheblichen Funktionsbeeinträchtigungen im Alltag kommen kann.

Die Sarkopenie spielt eine wichtige Rolle bei der Definition der Gebrechlichkeit und die beiden Krankheitsbilder sind eng miteinander verknüpft.

Das Frailty Syndrom beschreibt jedoch einen körperlichen Zustand einer erhöhten Anfälligkeit für externe und interne Stressfaktoren. Dies bezieht sich nicht nur auf den Verlust von Muskelmasse sondern auch auf den altersassoziierten Abbau von mentalen, körperlichen und sozialen Fähigkeiten.

Wie kann ein Frailty Syndrom diagnostiziert werden?

Für die Diagnose des Frailty Syndroms gibt es verschiedene Definitionen. Meist wird in der hausärztlichen Praxis ein Fragenkatalog (FRAIL-Scale) von fünf Kriterien (Müdigkeit, Muskelkraft, Gehfähigkeit, Krankheiten, Gewichtsverlust) genutzt. Werden drei der folgenden Kriterien erfüllt, wird ein Frailty Syndrom angenommen.

Haben Sie bei sich selbst oder Ihren Angehörigen den Verdacht auf ein Frailty Syndrom, können Sie sich selbst folgende Fragen zur Selbsteinschätzung stellen:

  • Müdigkeit: Fühlen Sie sich häufig müde?
  • Muskelkraft: Können Sie ein Stockwerk Treppen steigen?
  • Gehfähigkeit: Können Sie 100 Meter gehen?
  • Krankheiten: Haben Sie mehr als fünf Erkrankungen?
  • Gewichtsverlust: Haben Sie in den letzten 6 Monaten mehr als 5 kg an Gewicht verloren?

Ist keines der Kriterien erfüllt, ist eine Gebrechlichkeit nicht anzunehmen.

Bei auffälligen Antworten sprechen Sie Ihren behandelnden Arzt darauf an. Dieser kann Ihre Einschätzung ergänzen und Sie bei Bedarf weiter beraten und eine Diagnostik und Therapie der Gebrechlichkeit einleiten.

Bei Verdacht auf ein Frailty Syndrom wird Ihr Arzt zunächst ein ausführliches Gespräch mit Ihnen führen sowie eine körperliche Untersuchung vornehmen. Auch wird Ihre behandelnde Ärztin andere Krankheitsbilder mittels weitergehender Diagnostik ausschließen wollen.

Dazu können folgende Untersuchungen gehören:

  • Blutuntersuchung mit Blutbild, Nieren-, Leber-, Schilddrüsen- und Vitamin- und Eisenstatus: Ausschluss von Funktionsstörungen oder Mangelerscheinungen
  • EKG, Blutdruck und Herzultraschall: Ausschluss einer Herzinsuffizienz, eines Vorhofflimmerns oder anderer Veränderungen wie Veränderungen an den Herzklappen
  • Bildgebung des Gehirns (CT oder MRT): Ausschluss einer Demenz– oder Parkinsonerkrankung
  • Bildgebung der Gelenke (Röntgen): Ausschluss von Veränderungen wie Arthritis oder Arthrose

Wie wird das Frailty-Syndrom behandelt?

Das Fortschreiten des Frailty Syndroms kann durch eine gezielte Behandlung der Einflussfaktoren sowie Unterstützung der persönlichen Ressourcen verhindert werden.

Das fortschreitende Alter und die damit verbundenen Alterungsprozesse lassen sich jedoch nicht aufhalten.

Einer der entscheidenden Grundpfeiler in der Therapie der Gebrechlichkeit ist die Behandlung der akuten und chronischen Erkrankungen.

Auch die Anpassung der Medikation auf das entsprechende Alter des Patienten ist wichtig.

Einige Medikamente sind im höheren Alter nicht zur Behandlung geeignet und können gegebenenfalls ersetzt oder auch abgesetzt werden.

Viele ältere Menschen nehmen aufgrund ihrer Vorerkrankungen bis zu 10 Medikamente gleichzeitig ein. Dies kann zu Wechselwirkungen untereinander führen und die Gebrechlichkeit verstärken. Auch eine erhöhte Sturzneigung kann die Folge sein.

Hierfür stehen spezielle Listen wie die Priscus-Liste zur Verfügung, welche bei der Auswahl der richtigen Medikation unterstützen können.

Nehmen Sie oder Ihre Angehörigen viele Medikamente ein, sprechen Sie Ihren behandelnden Hausarzt jederzeit auf Möglichkeiten einer Umstellung oder das Absetzen von Medikamenten an.

Des Weiteren sollte eine adäquate Hilfsmittelversorgung beispielsweise eine Anpassung von Hörgeräten, einer Sehhilfe oder eines Rollators erfolgen. Dies kann den Alltag der Betroffenen und Angehörigen sehr erleichtern.

Einem Fortschreiten der Gebrechlichkeit kann auch durch ein gezieltes Training der Kraft, Koordination und des Gleichgewichtes entgegengewirkt werden. Hier stehen diverse Übungen zur Verfügung, die durch die Betroffenen durchgeführt werden können. Auch das Sturzrisiko von Betroffenen kann hier signifikant gesenkt werden.

Eine Krankengymnastik und Physiotherapie können diesen Prozess unterstützen.

Eine optimale Ernährung sowie die Erhaltung und der Neuaufbau von Muskelmasse unterstützen die Entwicklung und wirken zudem einer Sarkopenie entgegen.

Pflegen Sie einen Angehörigen mit Gebrechlichkeit, achten Sie zudem auf eine adäquate Trinkmenge und Vitaminzufuhr.

Die Therapie der Gebrechlichkeit kann sich somit aus Folgendem zusammensetzen:

Wie kann man dem Frailty-Syndrom vorbeugen?

Der Prävention des Frailty Syndroms kommt eine sehr wichtige Bedeutung zu.

Dabei steht vor allem die bedarfsgerechte Ernährung und körperliche Aktivität im Vordergrund.

Besonders entscheidend, um einer Gebrechlichkeit vorzubeugen, ist demnach eine ausreichende Energie- und Proteinzufuhr. Sowohl Untergewicht als auch extremes Übergewicht beeinflusst die Entwicklung eines Frailty Syndroms negativ.

Auch eine adäquate Versorgung mit Vitaminen, wie dem Vitamin-D, kann vorbeugend wirken. Können Sie oder Ihr Angehöriger den Bedarf an Vitaminen nicht über die Nahrungszufuhr decken, ist auch eine Substitution mit Nahrungsergänzungsmitteln möglich. Bei Fragen zur ausreichenden Nährstoff-, Energie- und Vitaminversorgung können Sie jederzeit Ihre behandelnde Ärztin ansprechen.

Auch eine ausreichende Trinkmenge von mindestens 1,5 Litern pro Tag ist von entscheidender Bedeutung. Bei vielen älteren Menschen besteht ein reduziertes Durst- und Hungergefühl. Haben Sie den Eindruck, dass dies bei Ihren Angehörigen der Fall ist, können Sie die Betroffenen beispielsweise durch regelmäßiges Erinnern oder das Anbieten von hochkalorischer Ernährung unterstützen.

Zur Prävention der Gebrechlichkeit ist auch eine ausreichende körperliche Aktivität wichtig. Dadurch kann sowohl der altersbedingte Muskelabbau als auch Knochenabbau gebremst werden. Zudem wird die Koordination verbessert.

Dies kann in Form regelmäßiger, längerer gemeinsamer Spaziergänge aber auch im heimischen Umfeld auf dem Hometrainer gemacht werden. Motivieren Sie sich hier gegenseitig und entwickeln zusammen ein individuelles Konzept je nach persönlichen Möglichkeiten und Ressourcen.

Regelmäßiges kognitives Training kann ebenfalls dem altersassoziierten mentalen Abbau entgegenwirken und bietet einen weiteren Pfeiler bei der Vorbeugung von Gebrechlichkeit.

Quellen: