Nykturie – Ursachen und Therapie von nächtlichem Harndrang

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Charlotte Weidenbach

Ärztin und Medizinjournalistin

Inhaltsverzeichnis

Nächtlicher Harndrang ist insbesondere mit zunehmendem Alter ein häufiges Problem in der Bevölkerung. Die sogenannte Nykturie kann unterschiedliche Ursachen haben und ist für Betroffene oft sehr belastend. Sie stört nicht nur den Schlaf, sondern kann in der Folge auch zu einer verminderten Leistungsfähigkeit tagsüber führen.

Nächtlicher Harndrang kann ein Hinweis auf eine zugrundeliegende Erkrankung oder eine Verschlechterung bestehender Erkrankungen sein. Wenn Sie unter nächtlichem Harndrang leiden, sollten Sie einen Arzt oder eine Ärztin aufsuchen, um weitere Untersuchungen zu veranlassen.

Die Therapie bei häufigem Harndrang nachts ist abhängig von der Ursache. Wir informieren Sie über die wichtigsten Ursachen und die Therapiemöglichkeiten der Nykturie.  

Die Definition einer Nykturie

Nykturie ist die medizinische Bezeichnung für nächtliches Wasserlassen bzw. häufig auftretenden nächtlichen Harndrang. Das bedeutet, wenn der Schlaf aufgrund von Harndrang mindestens einmal pro Nacht unterbrochen wird, sprechen Ärzt:innen von Nykturie.

Nächtlicher Harndrang kann für Betroffene eine deutliche Einschränkung der Lebensqualität bedeuten. Zum einen ist die Nachtruhe gestört und die nächtliche Erholung des Körpers sowie des Geistes kann zu kurz kommen. Dadurch sind Menschen, die unter Nykturie leiden, oft tagsüber weniger leistungsfähig. Zum anderen ist es möglich, dass Lebensgefährt:innen, die im gleichen Bett schlafen, mit geweckt werden, was die Situation zusätzlich belasten kann.

Wenn nächtlicher Harndrang medizinisch auffällig wird

Wenn Sie nachts hin und wieder mal zur Toilette müssen, leiden Sie nicht gleich an einer behandlungsbedürftigen Nykturie. Jeder Mensch muss gelegentlich auch nachts zur Toilette.

Beispielsweise kann spätes Trinken, insbesondere von Alkohol und Kaffee, dazu führen, dass Sie nachts Harndrang verspüren. Tritt das nur an wenigen Tagen auf und Sie haben am Abend davor mehr getrunken als sonst, müssen Sie sich normalerweise keine Sorgen machen.

Wenn Sie nachts häufiger auf die Toilette gehen, einfach nur weil Sie wach sind und nicht das Gefühl haben, auf die Toilette zu müssen, können Schlafstörungen dahinterstecken. Diese sollten auch ärztlich abgeklärt und möglicherweise psychologisch behandelt werden.

Nykturie ist dann auffällig, wenn Sie in mehreren aufeinanderfolgenden Nächten der Woche mindestens einmal auf die Toilette müssen. Insbesondere, wenn dies davor nicht der Fall war und es Ihnen negativ auffällt, sollten Sie ärztlichen Rat einholen.

Auch wenn Sie bemerken, dass Sie den Urin nicht mehr halten können, sollte dies Anlass für einen Arztbesuch sein. Blasenschwäche ist für viele Betroffene ein unangenehmes Thema. Sie kann jedoch zu vermehrten Infekten führen und die Lebensqualität stark einschränken. Deshalb sollte sie ärztlich abgeklärt und behandelt werden.

Nächtlicher Harndrang und seine Ursachen

Nächtliches Wasserlassen, das nicht auf vermehrtes Trinken zurückzuführen ist, kann verschiedene Ursachen haben. Achten Sie bewusst darauf, ob der Harndrang nur in der Nacht vermehrt auftritt oder ob Sie das Gefühl haben, auch tagsüber häufiger auf die Toilette gehen zu müssen. Dies gibt dem Arzt bzw. der Ärztin einen wichtigen Hinweis auf die Ursache der Nykturie.

Folgende Erkrankungen können häufig eine vermehrte Harnproduktion nachts verursachen:

  • Prostatavergrößerung: Männer ab dem fünfzigsten Lebensjahr haben häufig eine gutartig vergrößerte Prostata, die unter anderem zu ständigem Harndrang nachts führt.
  • Harnblasensteine/-tumoren: Ähnlich wie eine vergrößerte Prostata können auch Steine in der Harnblase oder der Harnröhre sowie Tumoren, die den Abfluss des Urins verhindern, zu einer Bildung von Restharn führen und Nykturie verursachen.
  • Chronisch-venöse Insuffizienz: Bei der chronisch-venösen Insuffizienz kommt es zu Beinödemen, also Wassereinlagerungen in den Beinen. Im Liegen, also insbesondere nachts, verlagert sich das Wasser der Schwerkraft entsprechend vermehrt in die Körpermitte und wird von den Nieren ausgeschieden.
  • Herzinsuffizienz: Ähnlich wie bei der venösen Insuffizienz kommt es auch bei Herzinsuffizienz zu Wassereinlagerungen, die nachts ausgeschieden werden.
  • Nephrotisches Syndrom: Auch beim nephrotischen Syndrom, das bei unterschiedlichen Nierenerkrankungen auftritt, kann es zu Ödemen und Nykturie kommen.
  • Obstruktive Schlafapnoe: Das sogenannte OSAS führt über unterschiedliche Mechanismen unter anderem zu nächtlichem Harndrang.

Einige Erkrankungen gehen mit einer allgemein erhöhten Urinproduktion einher, die aber häufig nachts als besonders störend auffällt. Dazu zählen vor allem:

  • Harnwegsinfekt: In jedem Alter und insbesondere bei Frauen kann eine Blasenentzündung die Ursache für starken, häufigen Harndrang sein.
  • Diabetes Typ 2: Menschen mit hohen Blutzuckerwerten bei einem schlecht eingestellten oder bisher unerkannten Diabetes mellitus müssen aufgrund von komplexen körperlichen Mechanismen insgesamt häufiger wasserlassen. Dies fällt oft insbesondere durch ständigen Harndrang nachts auf.
  • Beckenbodenschwäche: Insbesondere sind Frauen nach (mehreren) Geburten von Beckenbodenschwäche und teilweise von einer Scheidensenkung betroffen. Beides führt zu insgesamt häufigerem Harndrang, wobei die Nykturie meist besonders störend ist.
  • Niereninsuffizienz: Bei einem chronischen, langsam voranschreitenden Versagen der Nierenfunktion kommt es schleichend auch zu einer Veränderung der Urinproduktion und oft im Verlauf zu Nykturie.
  • Neurologische Erkrankungen: Auch bei der Parkinson– und der Alzheimer-Krankheit kann es zu verändertem Harndrang, oft nachts, kommen.

Beachten Sie, dass auch die Einnahme von Medikamenten den Wasserhaushalt und die Urinproduktion beeinflussen kann. Bei den sogenannten Diuretika (Wassertabletten) ist dies gewünscht, kann aber für Sie als Patient unangenehm sein. Wassertabletten werden deshalb in der Regel nicht am Abend, sondern spätestens mittags eingenommen. So wird das Wasser tagsüber ausgeschieden und Sie können nachts besser durchschlafen.

Auch andere Medikamente, insbesondere bestimmte Mittel gegen Depressionen, führen zu einer Nykturie und werden deshalb meist morgens eingenommen.

Bei Fragen zu Ihrer Medikamentenliste sprechen Sie mit Ihrer behandelnden Ärztin bzw. Ihrem behandelnden Arzt. Auch wenn Sie nach der Einnahme eines neuen Medikaments plötzlich nachts Harndrang entwickeln, sollten Sie ihn darüber informieren, damit Sie eine Lösung finden können.

Mit Nykturie einhergehende Symptome

Je nachdem, welche Ursachen ein nächtlicher Harndrang hat, können unterschiedliche weitere Symptome neben der Nykturie auftreten.

  • Wenn Sie Beinödeme und nachts Harndrang haben, kann das ein Hinweis auf Venenschwäche, Herzinsuffizienz oder Nierenerkrankungen sein.
  • Sind Sie insgesamt vermehrt durstig und müssen auch tagsüber sehr häufig wasserlassen, könnte es sein, dass sie unter Diabetes Typ 2 leiden. Aber auch Störungen des Elektrolythaushaltes können eine Ursache für ein starkes Durstgefühl und vermehrten Harndrang sein.
  • Männer, die neben Nykturie weitere Beschwerden beim Wasserlassen haben, beispielsweise einen abgeschwächten Harnstrahl, Nachträufeln oder das Gefühl, dass die Blase nicht richtig leer wird, leiden möglicherweise unter einer vergrößerten Prostata. Diese sollte ärztlich abgeklärt und bösartige Erkrankungen ausgeschlossen werden.
  • Leiden Sie zusätzlich unter starkem Brennen beim Wasserlassen und Krämpfen im Unterbauch, kann ein Harnwegsinfekt die Ursache sein. Vor allem dann, wenn häufiger Blasenentzündungen auftreten, sollten Sie Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin davon berichten.
  • Viele Menschen ab der zweiten Lebenshälfte können den Urin nicht mehr ausreichend halten. Dies wird als Blasenschwäche oder Inkontinenz bezeichnet. Die Inkontinenz tritt häufig mit Nykturie zusammen auf und kann verschiedene Ursachen haben. Wenn Sie bemerken, dass sie tagsüber oder nachts einige Tropfen oder mehr Urin unbewusst verlieren oder es nicht bis zur Toilette schaffen, sollte dies bei einem Arzt untersucht werden.
  • Das obstruktive Schlafapnoe-Syndrom äußert sich neben Nykturie insbesondere bei übergewichtigen Menschen mit starkem Schnarchen, Schlafstörungen und Leistungsminderung. Es kann zahlreiche gesundheitliche Konsequenzen haben und sollte möglichst frühzeitig behandelt werden.

Wie nächtlicher Harndrang behandelt werden kann

Die Therapie von Nykturie ist sehr unterschiedlich und abhängig von der Ursache. Ihr Arzt bzw. Ihre Ärztin wird mit Ihnen genau die für Sie möglichen Therapieoptionen besprechen.

Bei Herzinsuffizienz ist die regelmäßige Einnahme unterschiedlicher Medikamente sehr wichtig, um die Herzfunktion aufrecht zu erhalten.

Auch die Prostatavergrößerung kann durch Medikamente oft gut behandelt werden, allerdings ist bei starker Größenzunahme oder ausgeprägten Beschwerden unter Umständen eine Operation notwendig.

Wenn Sie unter einem erhöhten Blutzucker leiden, müssen Sie ebenfalls Medikamente, sogenannte Antidiabetika, nehmen. Essenziell ist aber auch eine Ernährungsumstellung und manchmal Insulin, um neben der Behandlung der Nykturie weitere Folgeerkrankungen der hohen Zuckerwerte zu verhindern.

Bei Frauen mit Beckenbodenschwäche, die unter Nykturie leiden, kann schon regelmäßiges Beckenbodentraining die Beschwerden verbessern. Dazu müssen Sie die Übungen allerdings mindestens zwei- oder dreimal täglich konsequent durchführen.

Harnwegsinfekte werden meist mit Antibiotika behandelt. Wenn Sie unter häufig wiederkehrenden Blasenentzündungen leiden, wird Ihr Arzt bzw. Ihre Ärztin Ihnen zusätzlich Tipps geben, wie Sie der Entstehung vorbeugen können.

Auch bei Inkontinenz können unterschiedliche Maßnahmen helfen. Die Therapie von Inkontinenz umfasst abhängig von der Ursache mehrere Ansätze – von einfachen Beckenbodenübungen über Medikamente bis zu Operationen.

Vorbeugung einer Nykturie

Abhängig von der Ursache für Ihren nächtlichen Harndrang können Sie unterschiedliche Maßnahmen ergreifen, um die Nykturie zu verbessern. Bei jeder auffälligen Nykturie sollten Sie zunächst die Ursache abklären lassen und sich an die Anweisungen Ihres Arztes bzw. Ihrer Ärztin halten.

Wenn Sie Vorerkrankungen, insbesondere Herz-, Gefäß-, Prostata- oder Nierenerkrankungen haben, ist die regelmäßige Einnahme der verordneten Medikamente erste Priorität. Außerdem sollten Sie sich gegebenenfalls an die vorgeschriebene Trinkmenge halten, um die Erkrankung nicht zu verschlimmern und Nykturie vorzubeugen. Sollten Sie trotz planmäßiger Medikamenteneinnahme nachts Harndrang haben, sprechen Sie mit Ihrer Ärztin bzw. Ihrem Arzt. Vielleicht muss in diesem Fall eine Anpassung der Medikamente erfolgen.

Wenn Sie oder Ihr:e pflegebedürftige:r Angehörige:r unter Inkontinenz leiden, können neben Beckenbodentraining und Medikamenten auch bestimmte Hilfsmittel bei Inkontinenz zu einer Verbesserung der Lebens- und Schlafqualität beitragen.

Vor allem Frauen leiden oft unter wiederkehrenden Harnwegsinfekten. Wenn Sie davon betroffen sind, sollten Sie bestimmte Maßnahmen verinnerlichen und tagtäglich anwenden. Dazu gehören vor allem eine ausreichende Trinkmenge von mindestens zwei Litern Wasser täglich, regelmäßiges Wasserlassen und gute Intimhygiene, insbesondere nach dem Geschlechtsverkehr.

Quellen:

Amboss: Harninkontinenz, Belastungsinkontinenz, Dranginkontinenz, Herzinsuffizienz, benigne Prostatahyperplasie

AWMF Leitlinie: Harninkontinenz bei geriatrischen Patienten

Wikipedia: Nykturie

Wissen in der Box: Nykturie

Nykturie ist die medizinische Bezeichnung für nächtliches Wasserlassen. Das bedeutet, wenn der Schlaf aufgrund von Harndrang mindestens einmal pro Nacht unterbrochen wird, sprechen Ärzt:innen von Nykturie.

Nykturie ist dann auffällig, wenn Sie in mehreren aufeinanderfolgenden Nächten der Woche mindestens einmal auf die Toilette müssen.

Folgende Erkrankungen können häufig eine vermehrte Harnproduktion nachts verursachen: Prostatavergrößerung, Harnblasensteine/-tumoren, chronisch-venöse Insuffizienz, Herzinsuffizienz, Nephrotisches Syndrom, obstruktive Schlafapnoe.

Die Therapie von Nykturie ist sehr unterschiedlich und abhängig von der Ursache. Bei Herzinsuffizienz ist die regelmäßige Einnahme unterschiedlicher Medikamente sehr wichtig, um die Herzfunktion aufrecht zu erhalten.

Achten Sie auf eine ausreichende Trinkmenge von mindestens zwei Litern Wasser täglich, regelmäßiges Wasserlassen und gute Intimhygiene, insbesondere nach dem Geschlechtsverkehr.