Dranginkontinenz

Dranginkontinenz – Ursachen, Symptome und Behandlung

Picture of Charlotte Weidenbach
Charlotte Weidenbach

Mehr über die Autorin erfahren

Die Dranginkontinenz ist eine der häufigsten Inkontinenzformen. Eine Inkontinenz, oder umgangssprachlich Blasenschwäche, betrifft insbesondere Menschen im höheren Lebensalter. Obwohl mindestens jede:r zehnte Erwachsene:r über 65 eine mehr oder weniger ausgeprägte Blasenschwäche entwickelt, sprechen viele Menschen selbst bei ihrem Arzt bzw. Ihrer Ärztin ungern über das Thema.

Dranginkontinenz äußert sich durch einen plötzlichen, unkontrollierbaren Harndrang mit unwillkürlichem Urinverlust. Wichtig ist neben der Behandlung der Ursache das Beckenbodentraining sowie das gezielte Kontrollieren des Urinabgangs. In schwereren Fällen kommen Medikamente zum Einsatz.

Treten bei Ihnen oder einem bzw. einer Angehörigen Symptome auf, die auf eine Dranginkontinenz schließen lassen, können Sie im folgenden Artikel genauere Informationen erhalten. Patient:innen mit Dranginkontinenz profitieren außerdem von Inkontinenz Hilfsmitteln, die die Teilhabe am Alltag und die Lebensqualität deutlich verbessern können.

Inhalt

Definition – Dranginkontinenz

Die Dranginkontinenz ist eine der häufigsten Formen von Inkontinenz. Sie wird auch aus dem Englischen als Urgeinkontinenz bezeichnet. Bei der Dranginkontinenz kommt es zu einem unwillkürlichen Verlust von Urin, der mit einem Gefühl von starkem Harndrang einhergeht. Dabei ist die Blase in der Regel nicht sehr voll. Der starke Harndrang tritt also unabhängig von der Flüssigkeitsmenge in der Blase auf.

Die überaktive Blase oder auch Reizblase (englisch: overactive bladder OAB) ist eine Sonderform dieser Erkrankung, die Begriffe werden aber in der Umgangssprache oft gleichgesetzt. Bei einer Reizblase besteht ein häufiger, oft auch nächtlicher Harndrang, auch wenn sich in der Blase nur kleine Mengen Urin befinden. Sie kann zu Beginn auch ohne unwillkürlichen Urinabgang auftreten und erst im Verlauf zu einer Inkontinenz führen.

Auch der Schließmuskel des Darms kann in der Funktion beeinträchtigt sein und eine Stuhl-Dranginkontinenz verursachen. Die Stuhlinkontinenz ist ein eigenes Krankheitsbild und kann, muss aber nicht mit einer Dranginkontinenz der Blase einhergehen.

Formen – Dranginkontinenz

Früher wurde die Dranginkontinenz in motorische und sensorische Form unterteilt. Liegt eine dranghafte Harnblasenentleerung aufgrund einer Fehlfunktion des Schließmuskels vor, so handelt es sich um eine motorische Dranginkontinenz. Bei der sensorischen Form besteht eine Fehlfunktion der Reizleitung im Nervensystem. Beiden Formen liegen wiederum unterschiedliche Erkrankungen und Auslöser zugrunde.

Diese Einteilung wird heutzutage meist nicht mehr unterschieden, da sie für die Therapie der Dranginkontinenz keine Konsequenzen hat.

Eine Sonderform dieser Krankheit ist die auch als Reflexinkontinenz bezeichnete Hyperaktivität des Blasenschließmuskels. Diese Form tritt vor allem bei Multiple Sklerose und Parkinson-Patient:innen auf. Dabei ist die Funktion des Schließmuskels aufgrund einer gestörten Nervenverschaltung unkoordiniert. Betroffene mit Reflexinkontinenz haben trotz fehlendem Harndrang einen unwillkürlichen Urinverlust.

Häufigkeit – Dranginkontinenz

Inkontinenz ist für Frauen und Männer eine Belastung, die mit steigendem Alter häufiger auftritt. Bei Frauen ist die Dranginkontinenz die dritthäufigste Form, bei Männern sogar die häufigste.

Andere häufige Inkontinenzformen sind die Belastungsinkontinenz und die Mischinkontinenz. Die Mischinkontinenz ist jedoch eigentlich keine eigene Inkontinenzform, sondern bezeichnet die insbesondere bei Frauen häufige Kombination aus Belastungs- und Dranginkontinenz. Auf unserer Übersichtsseite über Inkontinenzformen können Sie sich über weitere Formen der Inkontinenz informieren.

Sind Sie sich nicht sicher, welche Art der Inkontinenz bei Ihnen vorliegt und schränkt die Blasenschwäche Ihren Alltag ein, ist Ihre Hausärztin oder Ihr Hausarzt der bzw. die erste Ansprechpartner:in. Diese:r wird Sie gegebenenfalls an einen Facharzt oder eine Fachärztin weiterleiten.

Symptome einer Dranginkontinenz

Das wichtigste Symptom von dieser Inkontinenz ist der plötzlich auftretende, starke Harndrang. Betroffene berichten meist über ein krampfartiges, oft schmerzhaftes Zusammenziehen der Blase. Wenn sie nicht sofort eine Toilette aufsuchen, kann trotz der meist geringen Füllung der Blase der Urin nicht gehalten werden.

In der Regel müssen Betroffene häufig, mehr als acht Mal in 24h, eher geringe Mengen Wasser lassen und auch nachts mehrmals auf die Toilette (Nykturie).

Das kann für Betroffene sehr belastend sein. Daher sollten Sie unbedingt zu einem Arzt bzw. einer Ärztin gehen, wenn Sie nachts häufiger auf die Toilette müssen.

Ursachen einer Dranginkontinenz

Die Ursachen von Dranginkontinenz sind sehr zahlreich und werden von einem Arzt bzw. einer Ärztin mit unterschiedlichen Untersuchungen ausgeschlossen oder bestätigt.

Eine Reizblase kann im Anfangsstadium auch ohne Inkontinenz auftreten. Oft sind Harnwegsinfekte („Blasenentzündungen“) hierfür die Ursache. Sie können mit einer einfachen Urinuntersuchung diagnostiziert und behandelt werden. Bei wiederkehrenden Blasenentzündungen kann es vermehrt zu einer Reizung der Blase und zu einer Dranginkontinenz kommen, auch wenn dieser Zusammenhang wissenschaftlich noch nicht gesichert ist.

Diese Erkrankung der Frau entsteht meist im höheren Alter aufgrund von Östrogenmangel nach den Wechseljahren. Auch eine veränderte Beckenanatomie, insbesondere nach mehreren Geburten, und die nachlassende Kraft der Muskulatur und des Bindegewebes im Becken tragen zur Entstehung einer Blasenschwäche nach den Wechseljahren bei.

Beim Mann ist die Dranginkontinenz am ehesten durch eine gutartige Vergrößerung der Prostata bedingt.

Allgemein begünstigen Blasensteine oder Blasenkrebs das Entstehen einer Dranginkontinenz. Auch andere Vorerkrankungen wie Querschnittslähmung, Multiple Sklerose, Parkinson oder Diabetes mellitus können zu einer Dranginkontinenz führen.

Therapie einer Dranginkontinenz

Wenn Sie unter einer Dranginkontinenz im Anfangsstadium leiden, kann die Dranginkontinenz Therapie zunächst oft ohne Medikamente erfolgen. Aber auch bei fortgeschrittenen Formen von Dranginkontinenz können allgemeine Maßnahmen unterstützend wirken:

Übergewicht reduzieren

Übergewichtige Patient:innen profitieren (nicht nur hinsichtlich der Blase) von einer Gewichtsreduktion. Außerdem kann ein Anpassen des Trinkverhaltens helfen, die Reizblase zu kontrollieren. Fragen Sie Ihren Arzt oder Ihre Ärztin, wie viel Wasser Sie pro Tag trinken dürfen beziehungsweise sollen, da dies möglicherweise von anderen Vorerkrankungen beeinflusst ist.

Zu vermeiden sind Alkohol und stark koffein- und kohlensäurehaltige Getränke. Auch wenn es zunächst nicht intuitiv richtig scheint, dass mehr Trinken bei Dranginkontinenz helfen kann, kann es beim Miktionstraining helfen und die Blasenfunktion verbessern.

Miktionstraining

Das Miktionstraining (Miktion=Wasserlassen) hilft Betroffenen bei der Kontrolle ihrer Blasenfunktion. Einige einfache Übungen können Sie tagtäglich daheim durchführen. Beginnen Sie zunächst damit, ein Protokoll („Miktionstagebuch“) zu führen: Wie oft und wie viel müssen Sie auf die Toilette, wie stark war der empfundene Harndrang und wie viel haben Sie getrunken? Diese Informationen können auch der Ärztin oder dem Arzt bei der Diagnosestellung helfen. Für das Training gibt es unterschiedliche Ansätze.

  • Versuchen Sie, direkt nach dem Wasserlassen bewusst noch einmal die Blase zu entleeren, damit eventuell in der Blase verbleibender Urin auch ausgeschieden wird. So ist die Blase vollständig entleert und Sie wissen, dass Sie eigentlich nicht so schnell wieder zur Toilette müssten.
  • Stellen Sie sich die Uhr, wann Sie zuletzt auf der Toilette waren. Finden Sie anhand Ihres Protokolls heraus, wie lange Sie es maximal schaffen, den Urin zu halten, ohne dass etwas daneben geht. Gehen Sie beim nächsten Mal auf die Toilette, bevor dieser Zeitpunkt erreicht ist, auch wenn Sie keinen Harndrang haben. Dieser Zeitraum kann mit dem Training verlängert werden. So können Sie auch unterwegs besser zurechtkommen.
  • Versuchen Sie, bei leichtem Harndrang nicht sofort nachzugeben. Halten Sie aktiv den Urin, und trainieren Sie damit die Blasen- und Beckenbodenmuskulatur.

Beckenbodentraining

Ein essenzieller Bestandteil der Behandlung von Dranginkontinenz in jedem Stadium ist das Beckenbodentraining . Insbesondere Frauen können mit der Aktivierung der Beckenbodenmuskulatur nicht früh genug anfangen. Denn zur Vorbeugung von Inkontinenz ist Beckenbodentraining unverzichtbar. Eine Elektrostimulationstherapie unterstützt Sie beim Beckenbodentraining mit der Biofeedback-Methode.

Medikamentöse Therapie

Bei fortgeschrittener Dranginkontinenz und hohem Leidensdruck können Dranginkontinenz Medikamente eingesetzt werden. Die sogenannten Anticholinergika entspannen den Schließmuskel und erhöhen die Füllmenge der Blase, so dass die Krämpfe und das häufige Wasserlassen deutlich verbessert werden. Die meisten Patient:innen vertragen die Medikamente gut.

Wenn Sie die Medikamente nicht vertragen oder eine Kontraindikation gegen die Einnahme besteht, kann auch die Injektion von Botulinumtoxin (Botox) in die Blasenwand helfen. Dadurch entspannt sich die Blasenmuskulatur und die Symptome bessern sich oft über die Dauer von mehreren Monaten.

Operation

Erst wenn alle Optionen nicht mehr helfen, wird eine Operation in Erwägung gezogen. Ihr Arzt bzw. Ihre Ärztin bespricht die Behandlungsoptionen mit Ihnen. In der Regel werden verschiedene nicht-medikamentöse und medikamentöse Ansätze für ein bestmögliches Therapieergebnis kombiniert.

Inkontinenzschutz durch Hilfsmittel

Neben der symptomatischen Therapie ist der Bedarf an Hilfsmitteln bei Dranginkontinenz mitunter ein Tabuthema.

Es gibt unterschiedliche Einlagen, Vorlagen und Windeln für Erwachsene sowie verschiedene Arten von Matratzenschutz. Solche Hilfsmittel erleichtern den Alltag und verbessern die Lebensqualität.

Hausmittel, die bei Dranginkontinenz helfen können

Das Trinken von Blasen- und Nierentees aus der Apotheke kann helfen, die Blasenkrämpfe zu verbessern. Darin sind meist unter anderem Brennnesselextrakte, Goldrutenkraut und weitere Naturheilkräuter enthalten, die entzündungshemmend wirken und die Symptome von Dranginkontinenz lindern können. Sie können auch in Kapselform eingenommen werden.

Cranberrys und Preiselbeeren, in der Regel als Saft getrunken, helfen bei Blasenentzündungen. Sie fördern die Heilung und können somit der Entstehung einer Dranginkontinenz vorbeugen.

Für Männer wird bei einer Prostatavergrößerung als Ursache der Erkrankung der Verzehr von Kernen des Arznei-Kürbis empfohlen.

Fragen Sie zu den Naturheilmitteln in Ihrer Apotheke oder bei Ihrem naturheilkundlich orientierten Arzt oder Ihrer Ärztin nach. Die Hausmittel können sehr gut ergänzend zu den weiteren Maßnahmen eingesetzt werden und bei der Behandlung von Dranginkontinenz helfen.

Quellen:

Amboss: Harninkontinenz

Amboss: Dranginkontinenz

AWMF Leitlinie: Harninkontinenz bei geriatrischen Patienten

Wissen in der Box: Dranginkontinenz

Es ist die häufigste Form von Inkontinenz. Es kommt zu starkem Gefühl von Harndrang und Verlust von Urin - unabhängig von der Füllmenge der Blase.

Es gibt eine Sonderform, die Refexinkontinenz bezeichnet wird, wenn Betroffene eine hyperaktive Blase haben.

Die Dranginkontinenz ist eine der häufigsten Inkontinenzformen.

Die Symptome sind oftmals der starke unvermittelte Harndrang und ein krampfartiges Zusammenziehen der Blase - obwohl diese nicht ganz gefüllt sein muss.

Bei Frauen kann eine Dranginkontinenz mit dem Eintritt der Wechseljahre aufgrund eines verminderten Östrogenspiegels zusammenhängen.

Neben dem Reduzieren von Übergewicht, sind ein Miktionstraining und Beckenbodentraining hilfreiche Werkzeuge.

Cranberrys und Blasen- und Nierentees können einen Effekt auf die Dranginkontinenz haben.